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Deutsche Bahn: Ein neuer Mehdorn – oder zwei?

Beim Streit um die neuen Bahn-Führung geht es nicht nur um eine Personalie, sondern um den Börsengang

Berlin - Für die Nachfolge des zurückgetretenen Bahn-Chefs Hartmut Mehdorn zeichnet sich keine schnelle Lösung ab. Für keinen der Kandidaten, die bislang in der Diskussion sind, gab es am Dienstag Einvernehmen zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD. Sie streiten zudem über die künftige Struktur der Bahn: Während die Union eine Doppelspitze favorisiert, die einen Börsengang in der nächsten Wahlperiode erleichtern würde, bestehen SPD und Gewerkschaften darauf, diese Pläne nicht weiter zu verfolgen.

Nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe wollten sich Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU), Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie die Minister für Finanzen, Verkehr und Wirtschaft treffen, um die Frage zu erörtern. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte am Morgen gesagt, eine Entscheidung werde dabei nicht fallen. Aufsichtsrat und Gewerkschaften würden beteiligt. „Wir wollen gemeinsam eine Person suchen, die für die Position geeignet ist“, erklärte er.

Hier liegt die Crux: Tiefensee spricht von nur einem Manager. Eigentlich sind bei der Bahn aber zwei Chefposten zu vergeben – zum einen für den Konzern, zum anderen für die Transporttochter DB Mobility Logistics (ML), die zum Teil an der Börse verkauft werden sollte. Mehdorn hat derzeit noch beide Jobs inne. Von einer Privatisierung wollen die Sozialdemokraten aber nichts mehr wissen. „Wir werden in unsere Papiere für die nächste Legislaturperiode reinschreiben müssen, da tut sich nichts“, sagte Parteichef Franz Müntefering im Deutschlandfunk. Also sei auch kein zweiter Manager nötig, sagte ein anderer führender SPD-Mann. Die Gewerkschaften wollen die ML ganz abschaffen – sie fürchten, dass bei einem Börsengang Schienennetz und Betrieb getrennt werden könnten. Im Umfeld der Bahn hieß es zudem, dass nicht zwei, sondern vier Managerposten besetzt werden müssten, halte man an der bisherigen Struktur fest: Nicht nur Mehdorn, auch der scheidende Finanzchef Diethelm Sack übt derzeit eine Doppelposition aus. „Wo sollen so viele gute Leute denn so schnell herkommen?“, hieß es. Für eine Doppelspitze spricht aus SPD-Sicht nur, dass dann beide Koalitionspartner jeweils einen Manager bestimmen könnten.

Die Union brachte dagegen eine Doppelspitze ins Gespräch. „Ein Manager, der Erfahrung im politischen Raum hat, könnte sich um die Infrastruktur kümmern, ein anderer um das Transport- und Personenverkehrsgeschäft“, sagte Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) dieser Zeitung. „Auch die EU verlangt eine solche Trennung“, ergänzte CDU-Verkehrsexperte Dirk Fischer. Es gebe keinen Anlass, die jetzige Struktur des Konzerns zu verändern.

Derweil kommen immer neue Namen für die Bahn-Führung ins Spiel. Etwa der des SPD-nahen Aufsichtsratschefs Werner Müller. „Der hat sich selbst ins Gespräch gebracht und will das unbedingt werden“, hieß es in Regierungskreisen. Bei der Union stieß er umgehend auf Ablehnung. „So wie er mit der Daten-Affäre umgegangen ist, stellt sich die Frage, ob er als Chef des Aufsichtsrats zu halten sein wird“, sagte CDU-Experte Fischer. Bei der SPD favorisieren viele den derzeitigen Fraport-Chef Wilhelm Bender.

Der als Unionskandidat gehandelte Manager der Bahn-Fernverkehrssparte Nikolaus Breuel stößt dagegen im Konzern auf massive Vorbehalte. „Der sitzt nur wegen seiner Mama hier“, sagte eine Führungskraft in Anspielung auf dessen Mutter, Ex-Treuhand-Chefin Birgit Breuel (CDU). Zudem habe er im vergangenen Jahr den Bedienzuschlag ins Spiel gebracht, den die Bahn nach heftiger Kritik zurückziehen musste. „Wenn der kommt, werden die meisten aus dem Vorstand ihren Hut nehmen“, hieß es. Noch im Rennen ist Frank-Jürgen Weise, der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA). Für ihn spricht, dass er Erfahrung in einem Unternehmen ebenso hat wie in einer politischen Behörde. Allerdings sieht die SPD hier ein Problem. „Mitten in der Krise können wir nicht ausgerechnet an dieser Stelle eine Lücke reißen“, hieß es in der Fraktionsführung.

Der Chef der Schweizerischen Bundesbahnen, der als parteineutral geltende Andreas Meyer, hat dagegen bereits abgewunken. Er habe keine Absicht, zur Bahn zu wechseln, sagte sein Sprecher.

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