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Deutsche Bahn: "Hallo, ich bin der Neue"

Der neue Bahn-Chef Rüdiger Grube will die Datenaffäre bis Ende Mai aufklären – und Konsequenzen ziehen. Dennoch ist Grube auf Mehdorn gut zu sprechen.

Berlin - An seinem ersten Arbeitstag bei der Bahn nahm er den ICE – weil man schneller als mit dem Zug von Stuttgart nach Frankfurt am Main kaum reisen kann. Dort, in der zweiten Konzernzentrale der Deutschen Bahn neben Berlin, begann Rüdiger Grube an seinem offiziellen ersten Arbeitstag als Chef der Deutschen Bahn um kurz nach Acht eine Charme-Offensive. „Der ist über die Flure gelaufen und hat den Leuten die Hände geschüttelt“, berichtet einer von Grubes Leuten. Einen „völlig neuen Stil“ gebe es nun im Haus, hieß es. Mit dem Satz „Hallo, ich bin der Neue“ wollte sich Grube in möglichst vielen Büros vorstellen. Dann reiste der bisherige Daimler-Vorstand weiter nach Berlin – dieses Mal allerdings mit dem Flugzeug, das ist auf dieser Strecke schneller als die Bahn.

Viel Zeit hat Grube in seinem Job nicht. Die seit Monaten schwelende Datenaffäre soll er rasch aufklären, verlangen der Bund und die Gewerkschaften. Bereits Ende des Monats soll es Entscheidungen geben. Grube schreckt dabei nach eigener Aussage vor personellen Konsequenzen nicht zurück. „Ich werde bedingungslos aufklären – und wenn notwendig auch aufräumen“, sagte er der Bahn-Mitarbeiterzeitung „DB Welt“. In dieser Frage sei er „vollständig unabhängig“.

Sein Vorgänger Hartmut Mehdorn hatte im Zuge der Datenaffäre zurücktreten müssen. Die Bahn hatte mehrfach massenhaft Kundendaten heimlich und weitgehend ohne Erfolg mit Lieferantendaten abgeglichen. Außerdem hatte sie von E-Mails systematisch überprüft und von Detekteien verdächtige Mitarbeiter ausforschen lassen. Auf Grube kommen noch unangenehme Details zu. Nach Informationen des „Handelsblatts“ von Mitarbeitern des Konzerns waren nicht weniger als drei Abteilungen darüber informiert, dass Konten ausgespäht wurden. Außerdem arbeitete die Bahn in diesem Fall mit vier Anwaltskanzleien zusammen. Keiner der Juristen nahm daran Anstoß, dass die Bahn sich illegal beschaffter Daten bediente.

Dennoch ist Grube auf Mehdorn gut zu sprechen. „Was Sie mit ihm in zehn Jahren erreicht haben, darauf können Sie stolz sein“, sagte Grube. Auch den Kurs Mehdorns will er beibehalten. „Wenn wir jetzt den Börsengang nicht machen, heißt das nicht, dass wir den Weg dahin aufgeben“, kündigte der gebürtige Hamburger an. Im Moment sei die Privatisierung aber nicht sinnvoll, denn dann „würden wir das Unternehmen doch verschenken“. Es gelte, die Kapitalmarktfähigkeit der Bahn zu erhalten – allein schon, damit das Unternehmen weiter Fremdkapital über Anleihen besorgen könne. Die SPD würde den Börsengang der Bahn dagegen am liebsten auf Jahre hinaus absagen.

Auch in puncto Strategie will Grube alles beim Alten belassen, etwa bei der Internationalisierung. „Ein Großteil unseres künftigen Geschäfts wird im Ausland sein – sicherlich vor allem in Europa, aber auch darüber hinaus.“ Jetzt in der Krise wolle er aber „mit aller Kraft versuchen, Arbeitsplätze zu erhalten“. Es werde aber „noch länger dauern“, bis man wieder auf das alte Niveau beim Güterverkehr komme“.

Der neue Mann hat sich aber auch vorgenommen, oft mit den 240 000 Beschäftigten zu sprechen. „Ich will zunächst jede Menge Gespräche führen und viel zuhören“, schrieb er in einem Brief an die Mitarbeiter. Er wolle sich „auf keinen Fall im Turm einschließen“, sondern sich möglichst vielen persönlich vorstellen. Für die ersten 100 Tage hat sich Grube nach eigener Aussage einen detaillierten Plan zurechtgelegt, mit dem er den Konzern kennenlernen will. An diesem Dienstag trifft er sich erstmals mit seinen Vorstandskollegen, außerdem mit einer Gruppe von Lehrlingen.

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