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Deutsche Bahn: Streit um Geld für Bahnhöfe

Viele Länder befürchten Stilllegungen von wenig benutzen Bahnstrecken. Der Bund dementiert Mittelkürzungen. Die Qualität des Regionalverkehrs solle verbessert werden, sagte Verkehrsminister Tiefensee.

Berlin - Der Staat wird weiter Mittel auch für wenig benutzte Bahnhöfe und Schienenstrecken bereitstellen. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) wies Vorwürfe vonseiten der Länder zurück, der Bund bereite zusammen mit der Bahn Kürzungen und Stilllegungen vor. „Ich will den Regionalverkehr erhalten und die Qualität verbessern“, sagte Tiefensee am Dienstag am Rande der Verkehrsministerkonferenz in Merseburg. Er warf seinen Kritikern „unseriöse Panikmache“ vor.

Die Länderminister hat eine Passage in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, die derzeit zwischen Bund und Bahn über den Einsatz öffentlicher Mittel nach einer Privatisierung ausgehandelt wird, beunruhigt. Darin vorgesehen ist eine Mittelkürzung für Bahnhöfe mit weniger als 100 Ein- und Aussteigern an einem Werktag und für Strecken mit weniger als 1000 Fahrgästen. Diese Regelung gelte aber nur für Neu- und Ausbaumaßnahmen, stellte das Bundesverkehrsministerium nun klar. Zudem sei das Vorgehen bereits mit den Ländern vor einem Jahr abgestimmt worden.

Die Länderverkehrsminister blieben trotzdem skeptisch. NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) kalkulierte, dass etwa 45 Stationen in seinem Land vor der Schließung stünden. Auch in der SPD traut man den Aussagen des Ministers offenbar nicht. Der Juso-Chef Björn Böhning sagte dem Tagesspiegel zu möglichen Stilllegungen: „Das ist die logische Konsequenz aus der Strategie, die Bahn zu einem Logistikkonzern auszubauen, statt die Regionen verkehrlich anzubinden.“

Die Regierung erhält jedoch aus Brüssel Rückendeckung für ihr Privatisierungskonzept. Günter Verheugen, Vizepräsident der EU-Kommission und für Unternehmen sowie Industrie zuständig, sagte dem Tagesspiegel: „Ob ein Mitgliedsland mit einem Unternehmen, das ihm gehört, an die Börse geht oder nicht, geht die EU-Kommission nichts an. Voraussetzung ist, dass das Schienennetz unabhängig verwaltet wird. Dafür ist nicht unbedingt eine eigentumsrechtliche Trennung notwendig.“ Damit verlangt Verheugen hier eine wesentlich weniger radikale Lösung als in der Energiewirtschaft, bei der die Konzerne nach den Brüsseler Plänen ihre Netze komplett abgeben sollen. Zur Begründung sagte der Kommissar: „Bisher haben wir hier nicht die Behinderungen für den Wettbewerb gesehen wie bei der Energie. Mehr als die Hälfte des gesamten privaten Schienenverkehrs in der EU spielt sich auf dem Netz der deutschen Bahn ab.“

Ob dieser Verkehr auch in Zukunft die Bedürfnisse der Verbraucher befriedigen wird, bezweifeln der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und der DGB. „Der jetzige Gesetzentwurf gehört in die Altpapiertonne“, sagte vzbv-Vorstand Gerd Billen auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki kritisierte: „Der Börsengang der Bahn ist ein ideologisches Projekt.“ Es sei höchste Zeit, dass die Politik die Rahmenbedingungen und die Strategie der Bahn ändere, nicht ihre Besitzverhältnisse. B. Hops/S. Haselberger

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