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John Cryan ist keiner, der den großen Auftritt liebt. Sein Stil ist kurz und knapp.

© dpa

Deutsche-Bank-Chef in Berlin: Die drei Sätze des John Cryan

John Cryan ist kein Mann der großen Worte. Doch beim Neujahrsempfang hält sich der Chef der Deutschen Bank besonders zurück - und überlässt die Bühne einem anderen. Ein Ortstermin.

Von Carla Neuhaus

Die große Rede hebt er sich noch etwas auf. Für nächstes Jahr, wenn er die Deutsche Bank im Alleingang leitet. Drei bescheidene Sätze spricht John Cryan am Mittwochabend ins Mikrofon, beim Neujahrsempfang seines Instituts in Berlin.

Seine Rede werde sehr kurz, sagt der Brite in fast akzentfreiem Deutsch. Dann wünscht er ein frohes Neues Jahr. Und fügt noch hinzu, er freue sich darauf, auch im nächsten Jahr beim Empfang in Berlin dabei zu sein.

Drei Sätze, nach denen er bescheiden zur Seite tritt und Jürgen Fitschen das Rednerpult überlässt, mit dem zusammen er noch bis Mai die Bank leitet. Fast scheint es, als sei der wichtigste Banker Deutschlands froh, dass er noch einen Co-Chef hat, dem er das Reden überlassen kann.

Er ist da

Hat sich das gelohnt? Für drei Sätze nach Berlin zu fliegen? Es ist bekannt, dass Cryan kein Mann der großen Worte ist. Kurz und knapp, das ist sein Stil. Und so zählt an diesem Abend auch nicht so sehr wie viel er sagt, sondern dass er etwas sagt.

Dass er da ist. Schließlich ist er in den ersten Monaten im neuen Job so gut wie gar nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Und das obwohl Cryan seinem Haus einen harten Sparkurs verordnet hat. 9000 Mitarbeiter müssen gehen, zehn Prozent der Belegschaft. 200 Filialen werden geschlossen.

Wer ist dieser Cryan?

Gerade deshalb haben sich viele gefragt: Wer ist dieser Cryan, der die Deutsche Bank nach den Skandalen der Vergangenheit neu aufstellen will? Weil er sich in der Öffentlichkeit so rar machte, schrieben die Medien bereits von einem Phantom an der Spitze der Deutschen Bank. Die Selbstdarstellung liegt Cryan nicht – doch sie ist nun mal Teil seines Jobs. Wohl auch deshalb zeigt er nun erstmals auch in Berlin Gesicht.

Zusammen mit Fitschen steht er an diesem Abend im Atrium der Repräsentanz und begrüßt jeden Gast mit Handschlag. Cryan steht klar im Mittelpunkt und versucht doch, nicht groß aufzufallen. Er lässt Fitschen den Vortritt – beim Händeschütteln wie beim Reden.

Ein erster Abschied

Eine bescheidene Geste, die Fitschen ehrt. Denn für den Co-Chef ist der Abend in Berlin ein erster Abschied, im Mai verlässt er die Deutsche Bank. „In diesem Rahmen werden wir uns nicht wiedersehen“, sagt Fitschen fast wehmütig. Er gehe im Bewusstsein, „dass noch nicht alles erreicht ist, was wir erreichen wollten“.

Klare Abschiedsworte – und ein klarer Arbeitsauftrag für Cryan.

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