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Luft nach oben. Die beiden Chefs der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen (l.) und Anshu Jain, stellen sich auf einen Umbau der Bank ein, der mehrere Jahre dauern soll.

© REUTERS

Deutsche Bank: Der Preis der Ethik

Die Deutsche Bank betont die Notwendigkeit des Kulturwandels - und beendet das letzte Quartal 2012 mit einem Milliardenminus.

Jürgen Fitschen und Anshu Jain, die seit Juni vergangenen Jahres amtierenden Chefs der Deutschen Bank, schließen die Ära ihres Vorgängers Josef Ackermann ab. Dafür nehmen sie einen überraschend hohen Nettoverlust von 2,2 Milliarden Euro im vierten Quartal 2012 und einen Einbruch des Jahresgewinns von 4,3 Milliarden auf nur noch 665 Millionen Euro in Kauf. Enorme Abschreibungen und Kosten von Rechtsstreitigkeiten belasten die Bilanz. Zugleich bekräftigten die beiden Banker am Donnerstag bei der Vorlage der Jahreszahlen, der „zwingend notwendige“ Kulturwandel werde ohne Kompromisse durchgezogen. „Wer sich nicht vorbehaltlos zu diesen Werten bekennen kann, der ist bei der Deutschen Bank am falschen Ort und sollte besser gehen“, sagte Fitschen. Der Wandel werde mehrere Jahre dauern.

Trotz der schlechten Zahlen zeigten sich Fitschen und Jain im traditionsreichen Hermann-Josef-Abs-Saal bei ihrer ersten Präsentation der Jahreszahlen in guter Laune. Ein Grund: Im eigentlichen Bankgeschäft sehen sie sich auf dem richtigen Weg. Die Börse sieht das ähnlich. Mit einem Plus von knapp zwei Prozent war die Aktie der Deutschen Bank am Donnerstag eines der gefragtesten Dax-Papiere.

Das Ergebnis des vierten Quartals sei zwar unbefriedigend, beruhe aber auf Korrekturen, die man bewusst getroffen habe mit harten und klaren Entscheidungen, argumentierte Fitschen. Die Abschreibungen auf Firmenwerte liegen bei 1,9 Milliarden Euro, 1,6 Milliarden hat die Bank 2012 für Rechtsstreitigkeiten ausgegeben, Urteile mit Strafen oder Vergleiche in Höhe von weniger als 100 Millionen Euro sind dabei noch nicht erfasst.

Die Rückstellungen für mögliche Lasten aus dem Kirch-Prozess, aus dem Libor-Skandal, den Betrugsvorwürfen im Emissionshandel sowie für Prozesse um Kreditpapiere belaufen sich jetzt auf 1,8 Milliarden Euro. Jain räumte ein, dass es weitere Verfahren geben könnte. „Wir wissen nicht, was noch alles an Klagen auf die Deutsche Bank zukommt.“

Aufwendungen müssen auch für den Abbau von rund 2800 Arbeitsplätzen verbucht werden, davon 1000 in Deutschland. Wie viele Stellen darüber hinaus noch wegfallen, sagten die Banker nicht. Weltweit beschäftigte die Bank zum Jahresende 2012 rund 98 200 Mitarbeiter, davon 46 300 in Deutschland.

Ohne die Sonderbelastungen hätte der Vorsteuergewinn der Bank nach Angaben von Jain im vergangenen Jahr bei 6,5 Milliarden Euro gelegen und damit auf dem Niveau des Vorjahres. Als Erfolg wertete er die Stärkung des Kapitals aus eigener Kraft und im Volumen von rund acht Milliarden Euro. Positiv sei auch die Ausschüttung einer Dividende von 0,75 Euro pro Aktie. Schließlich hat die Deutsche Bank im Privatkundengeschäft 2012 Marktanteile gewonnen. Das Vorsteuerergebnis der Sparte ging allerdings von 1,9 auf 1,5 Milliarden Euro zurück.

Auch im Investmentbanking habe man Profite geliefert, sagte Jain, und dabei auf vielen Feldern eine global führende Position gefestigt. Vom Eigenhandel habe man sich verabschiedet, ebenso bei intransparenten Produkten die Risiken drastisch verringert. Jain räumte allerdings ein, dass die Bank weiter Geschäfte mit Hedge-Fonds macht. 1350 Stellen von den angekündigten 1500 seien im Investmentbereich bereits gestrichen. Alles in allem fiel das Ergebnis des Investmentbankings von 3,7 Milliarden auf 2,9 Milliarden Euro.

Auch für diese umstrittene Sparte der Bank soll der Kulturwandel gelten. „Der Wandel ist unterwegs, das Modell hat sich schon grundlegend geändert“, behauptete Jain und verwies auf die Halbierung der Rendite in Zeiten vor der Finanzkrise von 30 Prozent auf heute noch 15 Prozent. Die Vergütung der Banker sei neu gestaltet worden. Der Bonustopf schrumpfte um zwölf Prozent auf 3,2 Milliarden Euro, für 150 Topmanager werden die Boni gestreckt über fünf Jahre ausgezahlt. Es werde diskutiert, ob auch eine Deckelung der Gehälter sinnvoll sei. Unklar ist auch, ob die Vergütung im Vorstand 2012 im Gleichklang mit dem Gewinneinbruch von 85 Prozent steht. Details nennt die Bank erst im März.

Fitschen zufolge wurden die internen Kontrollen auch im Blick auf mögliche Betrügereien durch Händler verstärkt. Für alle Mitarbeiter gibt es jetzt Pflichtschulungen unter dem Schlagwort „Verhalten im Geschäftsalltag und Ethik“. Jeder Verstoß gegen die Richtlinien werde Konsequenzen haben. Die Bank wolle gemeinsam mit Wissenschaftlern die Frage ergründen, wie Fehler künftig vermieden werden können: „Es geht um die richtige Balance zwischen persönlichem Ehrgeiz und den Grenzen der Gesellschaft.“

Co-Chef Jain, seit Jahren oberster Investmentbanker des Dax-Konzerns, zeigt sich einsichtig: „Wir fragen uns das selbst: Haben wir die Investmentbank richtig aufgestellt? Wir wissen, dass das Modell verändert werden muss.“ Jain, der am Kapitalmarkt über Jahre die Milliarden für die Deutsche Bank verdiente, stellte aber auch klar, dass Kulturwandel kein Allheilmittel ist: „Zuallererst Kapital, daneben Kosten, Kompetenzen, Kunden und Kultur.“

Gerade der Markenname der Deutschen Bank könne beim Kulturwandel helfen, meint der Hohenheimer Wirtschaftsprofessor Hans-Peter Burghof: „Jain und Fitschen müssen aus dem Prestige Deutschlands in der Welt Kapital schlagen. Es geht darum, ein Gütesiegel ,Made in Germany’ im Banking zu etablieren – eben etwas teurer, dafür aber auch besser.“ Dann könne die Deutsche Bank auch im Investmentbanking gegen große angelsächsische Häuser wie JPMorgan und Goldman Sachs bestehen. (mit dpa)

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