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Wirtschaft: Deutsche Bank drehte am Libor

Bericht: Händler in Manipulationen verwickelt.

Berlin/London - Mindestens ein Händler der Deutschen Bank war offenbar tief in die Zinsmanipulationen bei den Großbanken verwickelt. Er soll zu einem Zirkel von Mitarbeitern verschiedener Institute gehört haben, die sich bereits vor der Finanzkrise absprachen, um den europäischen Referenzzins Euribor in ihrem Sinne zu beeinflussen, berichtet die „Financial Times“. Das Netzwerk sei von einem Händler der britischen Großbank Barclays geknüpft worden. Neben dem Mitarbeiter der Deutschen Bank gehörten dem Bericht zufolge auch Banker der französischen Institute Credit Agricole und Société Générale sowie der britischen HSBC dazu.

Ein Sprecher der Deutschen Bank erklärte am Donnerstag, dass der Händler bereits 2011 ebenso wie ein weiterer Kollege suspendiert worden sei und das Institut inzwischen verlassen habe. Die Deutsche Bank kooperiere mit den Behörden. Die verdächtigten Händler sollen sich in den Jahren 2006 bis 2007 in mindestens 58 Fällen bei Euribor-Zinssätzen abgesprochen haben, um so von eigenen Termingeschäften zu profitieren. Die Schilderungen deuten dabei eher auf individuelles Fehlverhalten der Mitarbeiter hin.

Dagegen wurde die seit Juni laufende Diskussion über die Manipulationen des in London ermittelten Zinssatzes Libor dadurch befeuert, dass Barclays während der Finanzkrise offenbar von höchster Stelle anordnete, geschönte Angaben bei der Libor-Stelle zu machen. Dies soll mögliche eigene Probleme bei der Refinanzierung kaschiert haben. Ende Juni hatte die Bank eine Strafe von 290 Millionen Pfund akzeptiert. In der Folge trat Vorstandschef Bob Diamond zurück.

Weltweit laufen seit rund zwei Jahren Ermittlungen gegen die Großbanken wegen Manipulationsversuchen bei den Zinssätzen. Angesichts der bekannt gewordenen Fälle fordert der britische Notenbank-Chef Mervyn King, Reformen bei der Ermittlung der Referenzzinssätze. Er lud dazu laut „Financial Times“ und „Wall Street Journal“ Zentralbanker aus aller Welt für den 9. September zu Beratungen in der Schweiz ein. Bislang werden Libor und Euribor dadurch ermittelt, dass die Großbanken die Zinssätze für Verleihgeschäfte untereinander in einer vertraulichen Umfrage melden. Daraus wird dann ein Durchschnittskurs gebildet, an dem sich alle möglichen Zinsen in der Realwirtschaft orientieren.

Die Deutsche Bank will unterdessen einem Bericht zufolge in den kommenden Wochen mehr als 1000 Stellen im Investmentbanking streichen. Das Geldhaus reagiere damit auf den Geschäftseinbruch an den Kapitalmärkten, berichtete das „Handelsblatt“ am Donnerstag unter Berufung auf informierte Kreise. Die Stellen sollen demnach überwiegend im Ausland gestrichen werden. Es handle sich um eine „taktische Anpassung und nicht um einen Wechsel der Strategie“, zitierte die Zeitung ihre Quelle. Die Bank selbst wollte sich nicht äußern. dpa/AFP

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