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Josef Ackermann

© dpa

Deutsche Bank: Einmal Buhmann und zurück

Kein entspannter Jahrestag: Ausgerechnet an seinem 60. Geburtstag muss Josef Ackermann Bilanzzahlen vortragen. Aus der Ruhe bringen dürfte ihn das nicht - er hat schon Schlimmeres erlebt.

Berlin - Besonders feierlich wird es nicht zugehen, wenn Josef Ackermann am heutigen Donnerstag in Frankfurt vor die Presse tritt. Es geht um Zahlen. Und um die Frage, ob die Deutsche Bank die amerikanische Hypothekenkrise wirklich so glimpflich überstanden hat, wie Ackermann es bisher stets behauptet hat.

Man könnte sich ein schöneres Umfeld vorstellen für einen 60. Geburtstag. Doch die Terminierung ist typisch für Ackermann. Er gilt als arbeitswütig und pflichtbewusst. Der Schweizer hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren von einem der meistgehassten Manager Deutschlands zum Vordenker und Hoffnungsträger entwickelt. Als die Bankenbranche im vergangenen Sommer wegen der Finanzkrise ins Wanken geriet, gab Ackermann den festen Anker. Bei der Rettung der angeschlagenen Mittelstandsbank IKB glänzte er als Krisenmanager. Anschließend erklärte er den deutschen Fernsehzuschauern in einer Talkshow, wie die Finanzwelt funktioniert. Er räumte Fehler ein und beruhigte zugleich. Die Botschaft war klar: Vertraut mir, ich werde es schon richten.

Lange Zeit war es mit dem Vertrauen der Deutschen in Ackermann nicht weit her gewesen. Im Mai 2002 trat er sein Amt als Vorstandschef der größten deutschen Bank mit allerhand Vorschusslorbeeren an. Bereits zuvor hatte er fünfeinhalb Jahre im Vorstand gesessen. Er wurde als Superstar präsentiert, der dem Aushängeschild der deutschen Wirtschaft in schwierigen Zeiten zu neuem Glanz verhelfen sollte. Rein geschäftlich betrachtet gelang ihm das auch: Zwischen 2002 und 2006 stieg der Gewinn der Bank von 400 Millionen auf knapp sechs Milliarden Euro. Die Investoren waren zufrieden.

In der deutschen Öffentlichkeit kam Ackermann jedoch nicht an. Er galt als arroganter Manager ohne Verantwortungsbewusstsein. Sein Auftritt zu Beginn des ersten Mannesmann-Prozesses Anfang 2004 in Düsseldorf löste einen Sturm der Entrüstung aus. Ackermann war mit anderen Mannesmann-Aufsichtsräten wegen Untreue angeklagt, weil sie Ex-Konzernchef Klaus Esser Millionenabfindungen gewährt hatten. Berühmt wurde ein Foto, auf dem Ackermann breit grinsend die Finger zum Victory-Zeichen spreizt.

Fortan saß Ackermann im Mannesmann-Prozess nur noch mit verschränkten Armen da. Obwohl er im Juli vorläufig freigesprochen wurde, verschlechterte sich sein Image weiter. Als er im Februar 2005 stolz einen neuen Rekordgewinn von 2,5 Milliarden Euro präsentierte und gleichzeitig ankündigte, 6500 Mitarbeiter vor die Tür zu setzen, wurde er endgültig zum Gesicht des kalten Kapitalismus.

Ackermann selbst konnte die Aufregung lange Zeit nicht verstehen, wie Vertraute immer wieder berichten. Er machte doch nur seinen Job – und das sogar sehr gut. Auch die emotionale Bindung, die die Deutschen zu ihrem wichtigsten Geldhaus aufgebaut hatten, war dem Schweizer fremd. Noch schlimmer wurde es, als Ackermann 2006 erneut vor Gericht musste. Der Mannesmann-Prozess wurde wieder aufgerollt und diesmal schien Ackermann nicht mit einem Freispruch davon zu kommen. Von Rückritt war die Rede. Hinter den Kulissen liefen sich die potenziellen Nachfolger warm. Ackermann sprach später von „einer sehr schwierigen Zeit meines Lebens“. Er habe dabei aber auch „gelernt, zu fühlen, wie viele in Deutschland fühlen“.

Im November 2006 wurde der Prozess gegen Zahlung von 3,2 Millionen Euro eingestellt. Von da an schwamm Ackermann sich frei. Er übernahm zunehmend mehr Verantwortung in der deutschen Wirtschaft. Für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde er zu einem der wichtigsten Anprechpartner. Er stand bereit, wenn es darum ging, Investoren für den strategisch wichtigen Rüstungskonzern EADS zu finden, oder einen neuen Chef für Deutschlands größten Industriekonzern Siemens. Auch verbal übt sich Ackermann seither fleißig in Bekenntnissen zu seiner Wahlheimat. Auch wenn die Sätze manchmal einstudiert klingen.

Seit Juni vergangenen Jahres hat Ackermann einen neuen Medienberater: Er tauschte den Briten Simon Pincombe durch den Deutschen Stefan Baron aus. Baron, zuvor Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“, brachte Ackermann näher ans Volk, machte ihn greifbar. Fortan war der Bankchef auch öfter in Berlin zu sehen: Gleich bei mehreren Mediensommerfesten stürzte er sich ins Getümmel. Im Willy-Brandt-Haus schäkerte er rotweintrinkend mit SPD-Politikerin Gesine Schwan. Vom Buhmann-Image war da schon nichts mehr zu spüren.

In zwei Jahren läuft Ackermanns Vertrag aus. Dann will er in Ruhestand gehen und „vielleicht etwas Karitatives machen“. Präsentiert er heute gute Zahlen, spricht vieles dafür, das sein Abgang glanzvoll wird.

Stefan Kaiser

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