zum Hauptinhalt
Angriffslustig. Mit Panzermodellen protestieren Aktivisten gegen die Rüstungsinvestments der Deutschen Bank.

© dpa

Deutsche Bank: Kultur ohne Wandel

Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank gibt Ko-Chef Fitschen Fehler zu und verspricht Besserung. Und Anju Jain spricht Deutsch.

Frankfurt am Main - Applaus, aber auch kritische Töne: Ein Jahr nach ihrem Amtsantritt fällt die Bilanz der beiden Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen in den Augen der Aktionäre eher durchwachsen aus. Auf der Hauptversammlung in der Frankfurter Festhalle forderten die Anteilseigner am Donnerstag erheblich mehr Engagement und Einsatz – nicht nur, um die Bank wieder profitabler zu machen, sondern vor allem, um das angeschlagene Ansehen des Instituts zu verbessern.

Der Kulturwandel sei eine der wichtigsten Aufgaben, sagte Hans-Christoph Hirt von der einflussreichen britischen Aktionärsgruppe Hermes. „Die Bank muss zeigen, dass er zu greifbaren Veränderungen führt.“ Jain und Fitschen bekräftigten ihren Willen, diesen Wandel voranzubringen. „Wir wissen aber auch, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben“, sagte Jain und bat die rund 4000 anwesenden Aktionäre um ein wenig Geduld.

Der indisch-stämmige Brite überraschte die Anteilseigner mit seiner ersten öffentlichen Rede auf Deutsch und sorgte damit für die größte Neuigkeit auf seiner ersten regulären Hauptversammlung als Ko-Chef. Fast zehn Minuten las er, immer wieder lächelnd, fast fehlerfrei vom Blatt ab. Auch von lautstarken Kritikern, die ihn und den restlichen Vorstand als „Krisenprofiteure“ bezeichneten, ließ sich Jain nicht irritieren. Gemeinsam mit Ko-Chef Fitschen argumentierte er, dass die Deutsche Bank besser dastehe als bei seinem Amtsantritt am 1. Juni vergangenen Jahres. „Wir haben nun bessere Optionen für die Zukunft.“

Die Aktionäre bedachten Jains erste auf Deutsch gehaltene Rede mit freundlichem Applaus. Für ihn sei es ein bewegender Tag, richtete der 50-Jährige persönliche Worte an die Hauptversammlung. Seine Familie und er seien in Deutschland auf Freundlichkeit und Freundschaft getroffen. „Das tat gut“, sagte er und versprach, dass sein Deutsch bei der nächsten Hauptversammlung noch besser sein werde.

Den größten Part des Rück- und Ausblicks übernahm allerdings Ko-Chef Fitschen. „Ja, in der Vergangenheit wurden Fehler gemacht“, gab er zu. „Sie belasten uns materiell und – schlimmer noch – sie belasten unseren guten Ruf.“

2012 hatten Prozesse und Rechtsrisiken das Ergebnis der Bank mit 2,6 Milliarden Euro belastet, weitere 2,4 Milliarden wurden zurückgestellt. Da waren etwa der Libor-Skandal, strittige Zinsgeschäfte für Mittelständler, Umsatzbetrug im CO2-Emissionshandel bis hin zu Ermittlungen gegen Fitschen. Gerade der Libor-Skandal um manipulierte Zinsen, so Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sei ein unglaublicher Vertrauensbruch. „Das ist so schädlich, als ob sie Falschgeld drucken und unter die Leute bringen würden.“ Andere Aktionäre erinnerten daran, dass Ex-Bank-Chef Josef Ackermann das Institut vor einem Jahr als „besenrein“ bezeichnet habe, man aber offenbar immer noch einen Besen brauche. Markus Kienle von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, er frage sich, ob er an einer Bank oder einer kriminellen Vereinigung beteiligt sei.

Ganz offensichtlich sieht auch der neue Aufsichtsratschef Paul Achleitner mit Blick auf den Kulturwandel verstärkten Handlungsbedarf. Das Kontrollgremium werde einen Ausschuss für Unternehmensintegrität einsetzen, der sich mit Rechts- und Reputationsrisiken, mit dem Umweltbewusstsein und der sozialen Verantwortung der Bank befassen werde. Fitschen zufolge will sich die Deutsche Bank an die Spitze des für die gesamte Branche erforderlichen Kulturwandels setzen. Das sei eine komplexe und anspruchsvolle Aufgabe. „Man kann aber den Hebel nicht einfach umlegen. Ein Kulturwandel muss sich Schritt für Schritt entfalten.“ Ein erstes kleines Signal setzte Achleitner auf der Hauptversammlung: Die Gehälter für Jain und Fitschen im laufenden Jahr werden bei maximal – aber immer noch stolzen – 9,8 Millionen Euro gedeckelt.

Fitschen sieht im Übrigen auch in der mittlerweile erreichten Kapitalstärke der Bank einen Weg, der nicht nur der Bank, sondern auch der Gesellschaft hilft. „Wir leisten einen Beitrag, das Finanzsystem stabiler und sicherer zu machen. Denn für schlechtes Bankmanagement soll nicht der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden. Es ist Pflicht einer jeden Bank vorzusorgen.“ Die Deutsche Bank werde deshalb ihr Kapital weiter stärken.

Dazu kann auch wieder ein besseres Ergebnis im laufenden Jahr beitragen. „Der Trend zeigt nach oben, und wir wollen weiter beschleunigen“, sagte Fitschen. Die Aktien der Deutschen Bank brachen dennoch am Donnerstag ein – und zwar deutlich stärker als der Gesamtmarkt.

Zur Startseite