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Deutsche Bank: Spekulationen um Ackermann-Rücktritt

Nach der Aufhebung der Freisprüche im Mannesmann-Prozess haben Aktionärsschützer Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann zum Rücktritt aufgefordert.

Karlsruhe - Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank stellte sich dagegen demonstrativ hinter Ackermann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte den Fall am Mittwoch in Karlsruhe zur Neuverhandlung nach Düsseldorf zurückverwiesen.

«Solange er Vorstandssprecher bleibt, ist der Fall Mannesmann auch immer ein Fall Deutsche Bank», sagte die Sprecherin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, Reinhild Keitel, am Mittwoch in Frankfurt. Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) verlangte, Ackermann müsse über einen Rücktritt nachdenken. «Der Schaden für die Bank wird immer größer», sagte DWS-Sprecher Jürgen Kurz in Düsseldorf.

Der Aufsichtsrat des größten deutschen Geldhauses bedauerte die BGH-Entscheidung, sicherte Ackermann in einer Mitteilung aber erneut sein «uneingeschränktes Vertrauen» zu. Das Gremium gehe nun davon aus, dass Ackermann seine Arbeit erfolgreich fortsetzen werde. Aufsichtsratschef Rolf Breuer hatte zuvor in der «Financial Times Deutschland» (Mittwoch) bereits über die mögliche Suche nach einem Nachfolger spekuliert.

Ackermanns Verteidiger Klaus Volk sagte kurz nach dem Urteil: «Das Verfahren ist sozusagen auf Null gestellt.» Er schließe einen erneuten Freispruch für Ackermann nicht aus.

Auch Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser - als einziger prominenter Angeklagter bei der Urteilsverkündung anwesend - zeigte sich zuversichtlich. Nach seinem Eindruck sei es für den BGH entscheidend gewesen, ob Mannesmann von den Millionenprämien einen Vorteil hatte, sagte Esser. «Ich bin mir sicher, dass es gelingen wird, in der anstehenden Hauptverhandlung zu klären, dass ein solcher Vorteil da war.»

Die Bundesanwaltschaft als Vertreterin der Anklage hält den Ausgang der Neuauflage ebenfalls für offen. Für die Angeklagten «gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung», sagte Bundesanwalt Gerhard Altvater. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft sah sich am Mittwoch in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. «Wir freuen uns, dass der BGH der Revision stattgegeben hat», sagte Sprecher Peter Lichtenberg. Nach Analyse des Urteils werde die Behörde auch entscheiden, ob gegen vier weitere ehemalige Mannesmann-Vorstände Anklage erhoben werde.

Umstritten waren die Folgen des Urteils für die deutsche Wirtschaft. Während Altvater von einem «eigentlich untypischem Einzelfall» sprach, hob der Stuttgarter Wirtschaftsrechtler Martin Sorg die Symbolwirkung des Verfahrens hervor: «Das Urteil wird dazu führen, dass das Top-Management in unseren Unternehmen mit seiner Verantwortung sorgsamer umgehen und das Aktionärsvermögen sensibler behandeln wird.» Sorg hatte im Februar 2000 mit seiner Strafanzeige die Ermittlungen ins Rollen gebracht.

Ähnlich äußerte sich der Berliner Experte für Fragen der guten Unternehmensführung («Corporate Governance») Joachim Schwalbach: «Der Spruch geht in seiner Bedeutung weit über Mannesmann hinaus.» Das Urteil werfe ein Licht auf mangelnde Kontrollarbeit deutscher Aufsichtsräte, die die Vergütung der Vorstände zu wenig überwachten.

Nach Einschätzung des Wirtschaftsexperten Prof. Hans-Peter Burghof aus Hohenheim ist durch das Urteil des BGH eine Rechtsunsicherheit für Top-Manager entstanden. Prämien für Führungskräfte müssten nunmehr daran gemessen werden, ob dem Unternehmen ein entsprechender Gegenwert zufließe, sagte Burghof. «Es ist aber sehr schwer, zu entscheiden, ob das Unternehmen eine Gegenleistung erhält. Da haben wir dann eine Grauzone.» Er befürchte, dass deutsche Unternehmen als Reaktion auf das Urteil ihre Zentralen ins Ausland verlagern könnten.

Die FDP forderte in Berlin mehr Rechtssicherheit für Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte. Die Haftungsrisiken für die Verantwortlichen seien sehr hoch. Die Grünen begrüßten das Urteil als «Gewinn für Verbraucher und Aktionäre». (tso/dpa)

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