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Wirtschaft: Deutsche Banken fürchten Jukos-Pleite

Drohende Insolvenz des Energiekonzerns weckt Zweifel am Standort Russland - Kanzler soll sich für Kreditsicherung einsetzen

Berlin/Moskau - Drei Tage vor der Russlandreise des Bundeskanzlers mit 15 hochrangigen Vertretern aus der Wirtschaft spitzt sich die Lage um den Energiekonzern Jukos dramatisch zu. Ein Bankenkonsortium sperrte einen Milliardenkredit, der Konkurs des größten russischen Konzerns wegen hoher Steuerforderungen scheint nur eine Frage der Zeit. Durch die Jukos-Krise wird das Thema Investitionssicherheit brisant. Das Engagement deutscher Unternehmen in Russland ist Schwerpunkt des Treffens.

Andrea von Knoop, Delegierte der deutschen Wirtschaft in Moskau, sagte dem Tagesspiegel, dass die Banken „extrem aufmerksam und in großer Sorge“ seien. Deutsche Bank und Commerzbank gehören dem Konsortium an, das jetzt den ersten Kredit sperrte. Nach Informationen des Handelsblatts sind jeweils 80 Millionen Euro Kredit gefährdet. Die Banken hätten den Kanzler gebeten, sich für die Sicherung ihrer Forderungen einzusetzen.

Unter den deutschen Investoren, sagte von Knoop weiter, sei das „Vertrauen in den Standort Russland bislang noch nicht erschüttert“. Nach Einschätzung von Experten wird es zu keinem Einbruch der Auslandsinvestitionen kommen. Banken raten Investoren zu Gelassenheit. „Ich bin optimistisch und erwarte, dass die Auslandsinvestitionen in Russland nun nicht deutlich zurückgehen werden", sagt Oliver Stönner von der Commerzbank. Die großen internationalen Ölunternehmen würden ihre Investitionen derzeit jedenfalls nicht zurückfahren. „Bei Jukos handelt es sich eher um einen isolierten Einzelfall.“

Ein Bankenkonsortium unter Führung der Société Générale kündigte am Wochenende einen Kredit über eine Milliarde Dollar (810 Millionen Euro). Bis Mittwoch soll der Konzern zudem einen ersten Teil der Steuerforderung von 2,8 Milliarden Euro bezahlen.

Kanzler Gerhard Schröder besucht am Donnerstag (8. Juli) Moskau. Auf dem Programm stehe neben einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin die Teilnahme an einer deutsch-russischen Unternehmerkonferenz mit insgesamt 40 Managern aus beiden Ländern. Begleitet wird der Kanzler von den Vorstandschefs der Erdsgasimporteure Eon-Ruhrgas und Wintershall sowie von Spitzenmanagern der Unternehmen Linde, EADS, SAP, Metro, Lufthansa, Siemens, Daimler-Chrysler und der Banken.

Zwar besteht das von der Société Générale geführte Kartell bisher nicht auf sofortiger Rückzahlung des Darlehens. Doch das Konsortium behält sich nach Agenturberichten ausdrücklich den Zugriff auf Einnahmen des Unternehmens aus dem Öl- und Gasexport vor. Jukos- Finanzvorstand Boris Misamor gab bereits zu Protokoll, er schließe nicht aus, das weitere Kredite platzen könnten.

Spätestens dann aber droht Jukos die Zahlungsunfähigkeit. Kurz nach der Verhaftung von Firmenchef Michail Chodorkowski wurden sämtliche Aktiva des Konzerns durch den Staat gesperrt, Verkäufe von Aktien und Konzerntöchtern ausdrücklich untersagt. Nach dem Beschluss des Moskauer Wirtschaftsgerichtes muss Jukos 2,8 Milliarden Euro Steuern nachzahlen. Weitere Forderungen sind nicht auszuschließen. Fahnder der Staatsanwaltschaft durchsuchen seit Samstag erneut die Konzern-Zentrale.

Die neuerlichen Turbulenzen sorgten an der Moskauer Börse für einen Kursverfall der Jukos-Papiere von weiteren zwölf Prozent. Zuvor hatten internationale Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit des Konzerns ein weiteres Mal zurückgestuft. Das einst hochprofitable Unternehmen firmiert nunmehr als hochgradig riskantes Anlageobjekt. Der US-amerikanische Minderheitsaktionär Rockwell Holding will daher vor einem New Yorker Gericht wegen Investitionsbetrugs klagen.

Alexander Karpov, Fondsmanager bei Union Investment, rechnet nicht damit, dass Jukos zerschlagen wird. „Es könnten sich aber einige Veränderungen im Aktionärskreis ergeben“, sagt Karpov. Trotzdem signalisiere Jukos kein Ende der Privatisierungen oder gar eine Reprivatisierungswelle. Jukos sei in den Kampf zweier Blöcke – der Liberalen und der Konservativen – geraten. Putin müsse versuchen, eine goldene Mitte zu finden. Auch um Gazprom und den Energieversorger Unifed Energy System werde offenbar gestritten sagte Karpov.

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