zum Hauptinhalt
Nur kurz erreichte der Dax am Donnerstag einen Rekordstand, danach ging es bergab.

© dpa

Deutsche Börse: Dax erreicht neues Rekordhoch - und fällt wieder

9810 Punkte: Der Dax stand am Donnerstagmorgen höher denn je. Doch dann ging es für den Leitindex bergab und er schloss im Minus - bei 9656 Punkten.

Um 9.20 Uhr hatte der Deutsche Aktienindex am Donnerstag eine neue Hürde genommen und erstmals in seiner fast 26-jährigen Geschichte während des Handels mehr als 9800 Zähler markiert und bei 9810 Punkten eine neue Höchstmarke erreicht. Der Hauptgrund für die Hausse: Volkswirte, Anleger und Börsianer rechnen fest mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang Juni. Zuletzt hatte EZB- Chefvolkswirt Peter Praet die Spekulationen angeheizt und neue günstige langfristige Kredite für die Banken ebenso angedeutet wie eine weitere Zinssenkung, was bei derzeit 0,25 Prozent gar nicht so einfach ist. Erstmals war auch von einem negativen Zins für die Banken die Rede, die bei der EZB Geld anlegen. Damit soll endlich die Kreditvergabe in der Eurozone angekurbelt und die zu niedrige Inflation bekämpft werden.

Doch der Kursaufschwung am Donnerstagmorgen war nur von kurzer Dauer. Im Verlauf des Tages ging es wieder deutlich bergab, die Sorge über die weitere Entwicklung in der Ukraine hängt nach wie vor über dem Markt. Am Ende schloss der Dax dann bei 9656 Punkte um ein Prozent unter dem Niveau vom Mittwoch. Auch die guten Konjunkturdaten konnten also die Anleger nicht nachhaltig überzeugen.

Die Wall Street gibt die Richtung vor

„Der Markt folgt der Wall Street, dem kann man sich nicht entziehen“, erklärte ein Händler die Kursverluste europaweit. Zuletzt hatte sich indes vor allem der Dax noch dem Verkaufsdruck aus den USA entziehen können. „Damit ist es jetzt erst einmal vorbei. Die Umsätze sind erheblich, das deutet auf starke Gewinnmitnahmen hin“, sagte ein Händler zur Situation an der deutschen Börse. An der Wall Street liegt der breit gefasste Russell 2000 Index nun rund zehn Prozent unter seinem Schlussrekord vom 4. März.

Hierzulande ist die Wirtschaft im ersten Quartal mit 0,8 Prozent gegenüber dem Vorquartal überraschend kräftig gewachsen. Es ist das stärkste Wachstum seit drei Jahren. Der Aufschwung in den Euro-Ländern verläuft hingegen langsamer als erhofft. Die Wirtschaftsleistung der 18 Euroländer legte im ersten Quartal gegenüber dem Vorquartal nur um 0,2 Prozent zu. Dennoch sind die Rahmenbedingungen für Aktien nach wie vor gut.

Die Börse wird von der reichlich vorhandenen Liquidität und den – angesichts der niedrigen Zinsen – fehlenden Alternativen gestützt. Das überdeckt alle andere Nachrichten. Börsen-Experte Joachim Goldberg vermutet, dass vor allem ausländische (Groß-) Anleger deutsche Aktien kaufen. Obwohl die Quartalsberichte der deutschen Konzerne sehr gemischt ausfallen. Am Donnerstag etwa legte die Deutsche Post enttäuschende Zahlen vor, und die Aktie verlor fast fünf Prozent. Auch das Wachstum im ersten Quartal wollen Händler nicht überbewerten. Niedrige Zinsen allein seien nicht ausreichend, sie müssten auch in einer deutlich höheren Kreditvergabe und damit in Investitionen münden, um das Wachstum wieder anzutreiben. So beklagen etwa die Commerzbank und das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft, dass Mittelständler trotz einer sehr guten Finanzlage und trotz des billigen Geldes nicht investieren.

10 000 Dax-Punkte sind in den nächsten Monaten möglich

Die Meinungen darüber, wie sich der Dax in nächster Zeit entwickelt, gehen auseinander. Fest steht allerdings: Wer der Börsenregel „Sell in May and go away“ gefolgt ist und seine Aktien vor gut zwei Wochen verkauft hat, hat einige Gewinne verpasst. Seitdem ist der Dax um rund 200 Punkte gestiegen. Sarah Brylewski vom Handelshaus Ayondo etwa hält einen Anstieg auf 10 000 Punkte „sehr schnell“ für möglich. Auch beim vorsichtigen Bankhaus Metzler setzt man weiter auf Aktien. „Wir sind in der Mitte des Jahrzehnts der Aktie“, sagt Frank Naab, Chefanlage-Stratege der Bank. „Die Party ist noch nicht vorbei.“ Die Krise in den Schwellenländern und der Ukraine sei kein Hemmschuh.

Höchst skeptisch ist dagegen Markus Reinwand von der Helaba. Er verweist vor allem auf die holpernde Konjunktur und die eher enttäuschenden Unternehmensgewinne. Mehr als die Hälfte der Firmen hätte ihre Gewinnziele für das erste Quartal verfehlt. Aktien sind nach Ansicht von Reinwand längst überteuert. Sein Rat: Bei neuen Höchstständen im Dax zumindest einen Teil der Aktien verkaufen. Der Helaba-Experte erwartet, dass der Dax bis zum Sommer auf 9300 und bis zum Jahresende sogar auf 8900 Punkte fällt. Das wäre ein Rückgang um rund zehn Prozent.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false