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Wirtschaft: Deutsche Börse: Stühlerücken im Aktienindex

Trotz Insiderermittlungen und mehreren gescheiterten Versuchen: MLP gibt den Kampf um einen Platz im Deutschen Aktienindex (Dax) nicht auf. Vorstandschef Bernhard Termühlen rechnet bei der nächsten Neubesetzung des wichtigsten heimischen Marktbarometers fest mit dem Aufstieg des Heidelberger Finanzdienstleisters in die Liga der Top30-Werte.

Trotz Insiderermittlungen und mehreren gescheiterten Versuchen: MLP gibt den Kampf um einen Platz im Deutschen Aktienindex (Dax) nicht auf. Vorstandschef Bernhard Termühlen rechnet bei der nächsten Neubesetzung des wichtigsten heimischen Marktbarometers fest mit dem Aufstieg des Heidelberger Finanzdienstleisters in die Liga der Top30-Werte. Die große Mehrheit der Analysten gibt Termühlen recht. Sie sehen MLP als Favoriten für die Nachfolge der Dresdner Bank. Das Frankfurter Geldhaus wird voraussichtlich noch in diesem Jahr von der Allianz übernommen und müsste dann seinen Platz im Dax räumen. MLP verkauft Finanzprodukte an Akademiker. Geschäftsstellen befinden sich an fast allen Hochschulstandorten Deutschlands, Österreichs, der Schweiz und den Niederlanden.

Entscheidend für die Mitgliedschaft im exklusiven Klub der Dax-Werte sind der Börsenumsatz und die Marktkapitalisierung. Gemessen an beiden Kriterien zählt MLP bereits jetzt zu den 30 größten Titeln am deutschen Aktienmarkt. Die Entscheidung über den Aufstieg des Finanzdienstleisters könnte schon morgen auf der Sitzung des Arbeitskreises Aktienindizes der Deutschen Börse fallen. "Die Chancen stehen nicht schlecht, dass der Arbeitskreis bereits jetzt einen Nachrücker für die Dresdner Bank bestimmt", meint Carsten Hilck, Indexexperte der Fondsgesellschaft Union Investment. Doch auch wenn der Arbeitskreis morgen einen Beschluss treffen sollte, mit dem Einzug von MLP in den Dax ist erst im September zu rechnen. Da die Allianz ihr Übernahmeangebot für die Dresdner erst Ende Mai vorlegen wolle, werde sich die Transaktion bis in den späten Sommer hinziehen. Bereits mehrfach scheiterte der Finanzdienstleister nur äußerst knapp am Aufstieg. Zuletzt schnappte die Deutsche Post den Heidelbergern den Platz an der Sonne vor der Nase weg.

Regulär stehen auf der Tagesordnung des Arbeitskreises am Dienstag eigentlich nur der Nemax-50-Index (Neuer Markt) und der S-Dax (Kleinwerte). Doch neben dem Komplex Dax-Nachfolge wird wohl auch der M-Dax eine wichtige Rolle spielen. Für einen Platz im Index der 70 größten Nebenwerte drängt sich die Deutsche Börse auf, und das nicht nur als möglicher Nachrücker für MLP. Mit Platz 40 bei der Kapitalisierung und Rang 36 beim Umsatz hat sich die Börse für einen schnellen Aufstieg außer der Reihe in den M-Dax qualifiziert.

Pikanterweise muss die Deutsche Börse am Ende selbst darüber entscheiden, ob sie wartet, bis MLP seinen Platz räumt oder bereits im Juni aufsteigt. Denn der Arbeitskreis spricht nur eine Empfehlung aus. Die letzte Entscheidung über die Zusammensetzung der Indizes liegt bei der Börse, die allerdings bislang immer dem Rat des Gremiums gefolgt ist. Sollte die Deutsche Börse in den M-Dax aufrücken, müsste wohl der angeschlagene Baukonzern Philipp Holzmann aus dem Index ausscheiden.

Der Nemax-50-Index ist nach dem Crash auf Raten und der Erholung der vergangenen Wochen kräftig durcheinander geraten. Hier böten sich zahlreiche Austauschkandidaten an. Doch auf seinen vergangenen Sitzungen hat der Arbeitskreis gerade am Neuen Markt stark auf Kontinuität geachtet. Zum großen Stühlerücken dürfte es deshalb kaum kommen. Die Analysten von M.M. Warburg nennen als Aufstiegskandidaten AT & S, Umweltkontor und Articon. Dagegen müssten sich SER, Primacom und Ixos Abstiegssorgen machen. Als Favoriten für den S-Dax sieht M.M. Warburg die Unternehmen MPC, KSB und Medisana. Deutsche Steinzeug, Uzin Utz und Hymer könnten dafür aus dem Kleinwerteindex fallen.

Die Zusammensetzung des Dax ändert sich dauernd. In den neunziger Jahren verschwanden namhafte Unternehmen wie Continental, Metallgesellschaft oder Nixdorf aus dem Index - und Adidas, Telekom oder SAP rückten nach. Welches Wertpapier in den erlesenen Kreis der Top-30-Aktien aufrücken darf oder welches aus ihm herausfliegt, darüber entscheidet der "Arbeitskreis Aktienindizes" der Deutsche Börse AG. Der größte deutsche Handelsplatz für Aktien hatte 1988 das frisch kreierte Info-Produkt namens Dax an den Start geschickt, um endlich ein Gegengewicht zu den populären britischen und amerikanischen Börsenbarometern wie den Dow Jones zu schaffen. Nach dem Willen der Börsenväter soll der Dax die deutsche Volkswirtschaft in ihrer Gesamtheit widerspiegeln. So darf sich der Dax nicht allein Banken und Automobilkonzernen zusammensetzen. Daneben ist der Dax "kapitalgewichtet": Ob eine Aktie zu den 30 Blue Chips gehört, bemisst sich daher vorrangig am Börsenumsatz sowie an der Marktkapitalisierung der Aktiengesellschaft. In beiden Kategorien muss ein möglicher Kandidat besser als mit Rang 35 in der nationalen Hitliste abschneiden, um in die engere Auswahl des zuständigen Arbeitskreises zu gelangen. Unter "Marktkapitalisierung" verstehen Experten den Gesamtwert der Aktien einer AG. Dazu wird die Zahl der Aktien mit dem aktuellen Börsenkurs multipliziert. Der Börsenumsatz - das zweite Hauptkriterium - gibt an, wie viele Aktien pro Tag ge- und verkauft worden sind.

mm, hpf

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