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Wirtschaft: Deutsche Großbanken zu verkaufen

Italienische Unicredito und Hypo-Vereinsbank bestätigen Fusionsabsicht/Deutsche Bank angeblich an Commerzbank interessiert

Berlin/München/Frankfurt am Main - In Europa zeichnet sich der bisher größte grenzüberschreitende Zusammenschluss zweier Banken ab. Die Hypo-Vereinsbank (HVB) und die italienische Bank Unicredito bestätigten am Montag Verhandlungen über eine mögliche Fusion der beiden Kreditinstitute. Die Annäherung der Banken regte weitere Spekulationen an. So sind nach einem Bericht des „Wall Street Journal“ die Deutsche Bank sowie weitere europäische Großbanken an einer Übernahme der Commerzbank interessiert. Einen offiziellen Kommentar gab es von den Beteiligten nicht. Finanzaktien legten am Montag kräftig zu.

Man befinde sich „im Gespräch über eine mögliche Zusammenführung“, teilte hingegen die Hypo-Vereinsbank mit. „Bisher wurde noch keine Vereinbarung erzielt, und der Ausgang der Gespräche ist noch offen“, hieß es in der Erklärung weiter. Unicredito bezeichnete den Ausgang der Gespräche noch vorsichtiger als „höchst unsicher“. Eine Prüfung der Bücher, die so genannte Due Dilligence, hat offenbar noch nicht stattgefunden. Arbeitnehmervertreter kündigten an, sich in Verhandlungen mit dem Unicredito-Management für einen Erhalt der Arbeitsplätze einzusetzen. „Uns wäre es lieber gewesen, die Hypo-Vereinsbank bleibt eigenständig“, sagte Aufsichtsrat Klaus Grünewald von der Gewerkschaft Verdi.

Beobachter schließen nicht aus, dass eine Fusionswelle auf den deutschen Markt zurollt. „Wir erwarten eine große Zahl von grenzüberschreitenden Bankenzusammenschlüssen“, sagte Fritz Kröger, Fusionsexperte der Unternehmensberatung A.T.Kearney, dem Tagesspiegel. Die Gespräche zwischen HVB und Unicredito seien der Auftakt: „Jetzt geht es offenbar los.“ Der Bankenmarkt sei für ausländische Häuser interessant, die auf ihren Heimatmärkten keine Wachstumsmöglichkeiten mehr hätten, sagte Bernhard Speyer, Leiter des Bereichs Banken bei Deutsche Bank Research. „Das Motiv für einen Einstieg in den deutschen Markt ist bei den Investoren zu suchen, nicht so sehr bei den Kaufobjekten.“

Beobachter in Frankfurt halten entsprechende Überlegungen für opportun. Sollte die HVB und damit die zweitgrößte deutsche Bank von Unicredito geschluckt werden, gäbe es in Deutschland nur noch einen Übernahmekandidaten unter den Großbanken: Die Commerzbank. Die Dresdner Bank rutschte nach dem Scheitern der im Frühjahr 2000 geplanten Fusion mit der Deutschen Bank unter das Dach der Allianz. Auch für die Deutsche Bank ist es schwierig, ihre Position im Heimatmarkt weiter auszubauen. Dies könnte über einen Zukauf der Commerzbank erreicht werden. „Damit würde sich die Bank einen größeren Marktanteil verschaffen“, sagt Dieter Hein, unabhängiger Bankenanalyst bei Fairesearch.

Aus mit den Verhandlungen vertrauten Kreisen hieß es, die Gespräche zwischen HVB und Unicredito befänden sich noch in einem sehr frühen Stadium. Es gehe derzeit um grundsätzliche Überlegungen darüber, ob eine Fusion umsetzbar sei, erfuhr der Tagesspiegel. Dass die Banken ausgerechnet jetzt die Öffentlichkeit über ihre Fusionsgespräche informierten, hängt damit zusammen, dass die Bekanntmachungspflicht in Österreich einer strengeren Regulierung unterliegt als in Deutschland. Da das österreichische Kreditinstitut Bank Austria als HVB-Tochter von einer Fusion betroffen wäre, habe die österreichische Übernahmekommission auf eine Stellungnahme gedrängt, hieß es.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen hat es noch keine Preisverhandlungen zwischen HVB und Unicredito gegeben. Berichte über einen Kaufpreis von 16 Milliarden Euro seien „sehr spekulativ“. Merrill Lynch-Analyst Stuart Graham hat in einer Studie auf Basis eines Preises pro HVB-Aktie von 22 Euro einen Übernahmepreis von 16,5 Milliarden Euro errechnet. Bei einer Fusion seien viele inhaltliche Synergien und Kostensynergien von rund 787 Millionen Euro möglich. Ein Zusammenschluss habe deshalb eine „bestechende Logik“.

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