zum Hauptinhalt

Deutsche Unternehmen: Mehr Geld für Geschäftsreisen

Deutsche Unternehmen haben ihr Reiseetats wieder erhöht. Fluggesellschaften, Bahn und Hotels profitieren von der Entwicklung.

Berlin - Leere Ledersessel, verwaiste Flure im Kongresshotel. Vor einem Jahr wurde es einsam in vielen Business-Lounges der Welt. Unternehmen hatten wegen der Krise Reiseetats gekürzt. Entweder schickten Chefs ihre Mitarbeiter gar nicht weg – oder nur mit deutlich weniger Komfort: Der Trend ging von Lufthansa zu Easyjet, vom Marriott ins Ibis-Hotel. Insgesamt war die Zahl der Geschäftsreisen laut dem Verband Deutsches Reisemanagement im vergangenen Krisenjahr um elf Prozent gegenüber 2008 auf 145 Millionen gefallen. Die Reiseausgaben deutscher Firmen sanken 2009 um gut zwölf Prozent auf nur noch 41 Milliarden Euro. Doch jetzt hat sich dieser Trend offenbar umgekehrt.

Ein Beleg dafür sind die aktuellsten Statistiken des Finanzdienstleisters Airplus International. Das Unternehmen verwaltet in 40 Ländern mehr als eine Million Firmenkreditkarten, über die 33 000 Unternehmen ihre Reisen abwickeln. In Deutschland hat Airplus, eine Lufthansa-Tochter, einen Marktanteil von 70 Prozent. Nach jüngsten, bisher unveröffentlichten Daten von Airplus haben die deutschen Unternehmen im ersten Halbjahr 2010 wieder elf Prozent mehr Geld für Flugtickets ausgegeben. Betrachtet man die einzelnen Monate, sieht man, dass der Trend steil bergauf geht: War im Januar noch kein Wachstum zu erkennen, gaben die Firmen im Februar vier Prozent mehr für Flüge aus. Im Juni waren es sogar 25 Prozent mehr. Auch die Anzahl der Geschäftsflüge stieg im ersten Halbjahr um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Eine ähnliche Entwicklung stellte Airplus bei Bahnreisen fest: Auch hier gaben Firmen im ersten Halbjahr im Schnitt elf Prozent mehr aus. Das stetig steigende Buchungsvolumen führte auch dazu, dass Airlines wieder mehr Geld verlangen können: So stieg der durchschnittliche Preis für ein in Deutschland gekauftes Geschäftsflugticket von 495 Euro im Januar auf 529 Euro im Juni.

Damit scheint die Geschäftsreisebranche in Deutschland wieder das Niveau von vor der Krise erreicht zu haben. Allerdings profitieren und reagieren nicht alle Unternehmen gleich. Eine Lufthansa-Sprecherin sagte, dass das Geschäft mit den Geschäftsreisenden wieder an Bedeutung gewinne – und allgemein Interkontinentalflüge gut gebucht seien. Wettbewerber Air Berlin hat nur auf seinen 16 Fernstrecken und nach Tel Aviv und Dubai eine Business-Class eingerichtet. Im ersten Halbjahr 2010 habe sich die Auslastung dieser Sitze zwar positiv entwickelt, allerdings wegen des langen Winters und der Aschewolke nicht so stark wie erwartet, sagte Sprecherin Tina Birke. „In der zweiten Jahreshälfte 2010 erwarten wir aber aufgrund der Lockerung der Reiserichtlinien in den Unternehmen, dass die Buchungen noch stärker anziehen.“

Etwas anders ist die Entwicklung beim Autovermieter Sixt. Der litt in der Krise kaum unter rückläufigen Vermietungszahlen, allerdings wurden verstärkt kleine und sparsame Fahrzeuge gebucht. Sixt vermietet rund zwei Drittel seiner PKW an Unternehmen und Geschäftsreisende „und da haben wir schon festgestellt, dass in den Firmen die Controller regieren“, sagte ein Sixt-Sprecher.

In der Hotelbranche ist das Bild uneinheitlich, zumal die Geschäftsentwicklung stark vom Standort und der örtlichen Marktlage abhängt. In Berlin beklagen Hoteliers seit Jahren, dass es zu viele Betten gibt. Die Stadt hat mehr als 20 Fünf-Sterne-Hotels, die auch Geschäftsreisende und Kongress-Publikum ansprechen. Und es werden mehr. „Die Anzahl der Übernachtungen liegt im ersten Halbjahr um rund drei Prozent über dem Vorjahr, aber die Bettenanzahl in der Hauptstadt und die Krise hat den Preiskampf noch mal verstärkt“, sagt Chris Jung, Manager des Intercontinental an der Budapester Straße. Kevin P. Hoffmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false