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Wirtschaft: Deutsche Waggonbauer hoffen auf China

Das Geschäft hier zu Lande läuft schlecht

Berlin/München - Der deutschen Bahnindustrie droht der Heimatmarkt wegzubrechen. Für die Jahre 2004 bis 2009 rechnet der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) beim Markt für Schienenverkehrstechnik mit einem durchschnittlichen Minus von 1,5 Prozent. Das sagte Rainer Kehl, Chef des Fachverbands Elektrobahnen im ZVEI, am Montag in Berlin. Große Hoffnungen habe die Branche jedoch bei den Auslandsmärkten. Vor allem in China würden die Investitionen steigen. Einen Schub erwarte man auch von der diesjährigen Bahntechnikmesse Innotrans.

An diesem Dienstag beginnt die Ausstellung in Berlin. Mit 1362 Firmen aus 35 Ländern verzeichnet sie einen Rekord– und hat sich zur weltweiten Leitmesse für die Branche entwickelt. Doch die Veranstaltung fällt in eine Krisenzeit der Bahnindustrie in Deutschland. Vor allem gekürzte Bundeszuschüsse und die Zurückhaltung der Deutschen Bahn bei Neubestellungen haben im ersten Halbjahr zum Verlust von 1800 Arbeitsplätzen bei den Firmen geführt.

Schnelle Besserung erwartet die Branche nicht. „Es sieht zappenduster aus“, sagte Kehl vom ZVEI. In diesem Jahr werde die Bahn rollendes Material und Dienstleistungen für bis zu 400 Millionen Euro bestellen, sagte Kehl. Normalerweise liege das Volumen bei etwa 1,6 Milliarden Euro. Das sei auf unter eine Milliarde gekürzt worden. Davon würden wiederum 600 Millionen – für die Erneuerung der ICE-1-Wagen – bahnintern vergeben, so dass bei der Industrie noch kaum etwas ankomme.

Doch ein starkes Auslandsgeschäft könne die Rückgänge im Inland teilweise ausgleichen, sagte Kehl. Der ZVEI erwartet für alle Weltregionen ein Wachstum beim Markt für Schienenverkehrstechnik – im Schnitt um 2,5 Prozent in den nächsten sieben Jahren auf insgesamt 48 Milliarden Euro. Besonders stark dürfte es mit jährlichen Zuwächsen von etwa 3,7 Prozent im asiatisch-pazifischen Raum sein, vor allem dank China. „Noch sind die Europäer technologisch führend“, sagte Michael Clausecker, Chef des Verbands der Bahnindustrie in Deutschland. Deshalb seien sie begehrte Partner der Chinesen für Joint Ventures. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) forderte die Unternehmen am Montag auf, mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren. Er sagte allerdings auch: „Deutschland hat keinen Grund, sich zu verstecken.“

Siemens, einer der größten deutschen Bahntechnikkonzerne, ist international weitaus besser im Geschäft als im Inland. Während die Sparte Transportation Systems (TS) hier zu Lande mit mangelnden Aufträgen der Bahn und einem immensen Kosten- und Imageschaden infolge fehlerhafter Combino-Straßenbahnen zu kämpfen hat, läuft der Export von Jahr zu Jahr besser. „Das Ausland hat drastisch an Bedeutung gewonnen", sagte TS-Sprecher Bernd Edelmann dem Tagesspiegel. Zum Spartenumsatz von etwa 4,7 Milliarden Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr trug das Deutschland-Geschäft nur 27 Prozent bei. Vor fünf Jahren waren es noch 50 Prozent. Die größten Wachstumsraten erzielt Siemens in Europa, gefolgt von Nordamerika und Asien. In Asien will Siemens vom Ausbau der Infrastruktur profitieren.

In China rechnet Siemens bis Mitte 2005 mit mehreren Ausschreibungen für Hochgeschwindigkeitszüge, Loks und U-Bahn-Signaltechnik. Zudem hofft der Konzern auf den Zuschlag für die 1120 Kilometer lange Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Peking und Schanghai. Geschätztes Volumen: rund zwölf Milliarden Euro. China plant den Aufbau eines 8000 Kilometer langen Hochgeschwindigkeits-Netzes. Um das Chinageschäft anzukurbeln, hat Konzern-Chef Heinrich von Pierer vor kurzem eine Wachstumsinitiative ausgerufen und das Siemens-Management ausgetauscht – war allerdings kürzlich bei einer milliardenschweren Ausschreibung. Ein interessantes Projekte hat Siemens aber gerade verloren. Der milliardenschwere Zuschlag für die Lieferung von Hochgeschwindigkeits-Zügen im Osten des Landes ging an Konsortien um Kawasaki Heavy Industries, Bombardier und Alstom für Hochgeschwindigkeitszüge nicht berücksichtigt worden.

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