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In Deutschland soll ein neuer Immobilienriese für Mietwohnungen entstehen. Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen (DW) will seinen Konkurrenten GSW Immobilien übernehmen.

© rtr

Deutsche Wohnen will GSW: Größtes privates Wohnungsunternehmen in Berlin entsteht

Die Deutsche Wohnen will die GSW übernehmen, zusammen haben die börsennotierten Gesellschaften 108.000 Wohnungen in Berlin. Mieterverein und Politik sind in Sorge.

Berlin - Michael Zahn klingt feierlich, als er am Dienstag von einem „besonderen Tag“ für die Deutsche Wohnen AG berichtete. Das Immobilienunternehmen hatte am Morgen mitgeteilt, dass es für umgerechnet 1,8 Milliarden Euro den Berliner Wettbewerber GSW übernehmen will. Ein Zusammenschluss, „auf den der Markt beinahe gewartet hat“, wie Zahn, Vorstandschef der Deutsche Wohnen, bei einer Telefonkonferenz sagt. „Ein logischer Schritt.“ Intern spricht man vom „Projekt Loreley“. Wenn Aktionäre und Kartellamt zustimmen, wird das neue Unternehmen der größte private Wohnungseigentümer in Berlin (108 000 Wohnungen) sein und mit insgesamt 150 000 Wohnungen – Wert: 8,5 Milliarden Euro – zur Nummer zwei der Branche hinter der Deutsche Annington (180 000 Wohnungen) aufsteigen.

Deutsche Wohnen übernimmt GSW: Politisch könnte der Deal problematisch sein

Doch die Logik, von der Zahn spricht, überzeugte die Börse noch nicht: Der Aktienkurs der im M-Dax notierten Deutsche Wohnen brach um 4,3 Prozent ein, die ebenfalls im M-Dax gelistete GSW-Aktie schnellte um 6,5 Prozent nach oben. Der Markt hatte den Deal für wahrscheinlich gehalten, aber offenbar nicht in diesem Tempo und zu diesen Konditionen. „Die Übernahme ist eine Überraschung“, kommentierte Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Für die Aktionäre beider Unternehmen mache eine Übernahme aber Sinn, „weil hier nicht zwei kranke, sondern zwei kerngesunde Unternehmen zusammenkommen“. Politisch sei das Geschäft aber womöglich problematisch, „weil hier eine große Marktmacht entsteht“.

Größter Wohnungseigentümer in Berlin sind die landeseigenen Gesellschaften mit insgesamt rund 270 000 Wohnungen. Deutsche Wohnen/GSW kämen auf Platz zwei gefolgt von der Gagfah mit mehr als 15 000 Wohnungen. Der Marktführer Deutsche Annington hat in Berlin nur rund 13 000 Wohnungen.

„Mit Sorge“ betrachtet der Berliner Mieterverein die geplante Übernahme. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass so große Unternehmen die mieternahe Bewirtschaftung der Siedlungen vernachlässigen“, sagte Geschäftsführer Reiner Wild dem Tagesspiegel. Das Management der GSW zeigte sich am Dienstag offiziell reserviert: Der amtierende Vorstand, der nach heftigen Turbulenzen in den vergangenen Monaten immer noch ohne Vorsitzenden ist, habe die Ankündigung der Deutsche Wohnen „zur Kenntnis genommen“, hieß es in einer Mitteilung. Man werde die Offerte prüfen.

Die Deutsche Wohnen, die 2007 bereits die Berliner Gehag mit 25 000 Wohnungen übernommen hatte, setzt mit ihrer GSW-Offerte ganz auf Berlin. Mehr als 70 Prozent des gemeinsamen Wohnungsportfolios liegt in der Hauptstadt. „Berlin wird noch sehr lange attraktiv bleiben“, sagte Michael Zahn. Der Markt wachse, es gebe Nachholbedarf beim Wohnungsneubau, die Mieten stiegen und der Leerstand sei gering. Die GSW sei deshalb ein „idealer Partner“. Bargeld wird nach Zahns Plänen bei der Transaktion nicht fließen.

Die GSW-Aktionäre sollen für 20 alte Aktien 51 neue Deutsche-Wohnen-Papiere erhalten. Damit wird die GSW mit 1,77 Milliarden Euro bewertet. Hinzu kommt die Übernahme von 1,8 Milliarden Euro GSW-Schulden. Am 30. September wollen sich die Aktionäre der Deutsche Wohnen auf einer außerordentlichen Hauptversammlung mit der Übernahme und einer Kapitalerhöhung befassen. Etwa 40 Prozent der Aktionäre sind auch bei der GSW engagiert. Das macht Zahn optimistisch, dass die Quote von mindestens 75 Prozent erreicht wird. Aussichtsreiche Gegenofferten seien nicht zu erwarten, Deutsche Wohnen bietet eine Prämie von über 15 Prozent gegenüber dem GSW-Kurs der vergangenen drei Monate.

Aus der Berliner Politik kamen am Dienstag warnende Stimmen. Der wohnungspolitische Sprecher der Grünen- Fraktion, Andreas Otto, sagte dem Tagesspiegel: „Börsennotierte Unternehmen haben Aktionäre im Sinn und das deckt sich nicht unbedingt mit den Mieterinteressen“. Seit der Privatisierung der GSW habe es „häufig Beschwerden“ von Mietern gegeben, die über „schlechten Service“ und eine „schlechte Behandlung“ geklagt hätten. Auch „schmerzt es, wenn jetzt andere so viel verdienen mit einer Gesellschaft, die vor ein paar Jahren noch dem Land Berlin gehörte“.

SPD-Chef Jan Stöß erwartet, „dass sich die GSW auch bei einer neuen Eigentümerstruktur ihrer Verantwortung gegenüber den Mieterinnen und Mietern bewusst ist.“ Wichtig sei, dass im Bund eine Mehrheit für eine Mietenbremse zustande komme. Die SPD verfolge heute in Berlin eine andere Wohnungspolitik als zum Zeitpunkt des GSW-Verkaufs 2004. „Uns geht es darum den Bestand an öffentlichem und genossenschaftlichem Wohnraum zu erhöhen und nicht zu privatisieren.“

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