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Wirtschaft: Deutschland gewinnt bei US-Firmen

Beurteilung des Standorts so positiv wie noch nie – Osteuropa holt auf

Berlin – US-Unternehmen beurteilen den Standort Deutschland durchaus positiv, kritisieren aber auch die Rahmenbedingungen wie die starke Regulierung, insbesondere des Arbeitsmarktes, und fordern europäisch wettbewerbsfähige Steuersätze. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage, der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland und The Boston Consulting Group (BCG). Befragt wurden 150 US-Investoren mit insgesamt rund 850 000 Arbeitsplätzen. Geantwortet haben allerdings nur 78 Unternehmen, die rund 250 000 Mitarbeiter in Deutschland beschäftigen.

Die Antworten fielen Anfang 2006 sogar noch positiver aus als in den Vorjahren, sagte Fred B. Irwin, Präsident des American Chamber of Commerce in Germany, am Donnerstag in Berlin. 36 Prozent der Investoren gaben an, ihre Bewertung des Standortes habe sich in den letzten zwölf Monaten verbessert. „So gute Noten wie in diesem Jahr hat der Standort noch nie bekommen“, sagte Irwin.

Dabei bewerten die einzelnen Branchen den Standort Deutschland durchaus unterschiedlich. Bei den Produzenten und Verkäufern von Industriegütern kam Deutschland am besten weg. Bei den Konsumgütern liegt Deutschland genau auf dem europäischen Durchschnitt, deutlich schlechter schneidet der Standort bei den Antworten der Pharmaindustrie ab. Für diese ist Deutschland offenbar kein so attraktiver Forschungsstandort mehr. Nur 20 Prozent der Unternehmen halten Deutschland als F & E Standort für attraktiver als andere europäische Länder, bei den Industriegütern sind es immerhin 82 Prozent.

Viele Unternehmen lobten zwar die wissenschaftliche Ausbildung und Kompetenz der Mitarbeiter sowie die traditionell gute Grundlagenforschung, sagte Irwin. Genügend Personal sei also vorhanden, aber sowohl Osteuropa als auch Asien holten mit großen Schritten auf. „Nur wenn es gelingt, Forschung und Entwicklung langfristig am Wirtschaftsstandort zu halten, haben wir eine Chance, dass wesentliche Teile der Produktion und damit Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben“ sagte BCG-Geschäftsführer Martin Koehler. „Wir werden mit Sicherheit die Verkaufstheke bleiben“, sagte Koehler. Marketing und Vertrieb würden also wachsen. „Aber es kommt darauf an, auch die Denkfabrik zu bleiben.“ Wenn eine Fabrik aus Kostengründen nach Krakau gehe und nur noch der Außendienst in Köln bleibe, sei dies ein Warnsignal für den Hochtechnologiestandort Deutschland.

Deutschlands Problem war es nämlich bisher, dass Unternehmen hier investiert haben, ohne allerdings neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dies könnte sich nun ändern. Drei von zehn Unternehmen wollen im laufenden Jahr wieder Mitarbeiter einstellen. „Wer sich für Deutschland entscheiden hat, stellt auch wieder ein“, sagte Köhler. Insbesondere die Informations- und Kommunikationsbranche will ihre Beschäftigung erhöhen.

Doch Koehler warnte auch vor zu großem Optimismus. Der Gruppe, die Neueinstellungen plant, steht eine fast gleich große gegenüber, die Stellen streichen will. Mehr als 20 Prozent aller US-Unternehmen in Deutschland planten Verlagerungen in andere europäische Länder – bevorzugt nach Osteuropa. Weitere 13 Prozent wollten verstärkt außerhalb der EU investieren. Die Software- und Kommunikationsbranche strebt nach China und Indien .

Daniel Rhee-Piening

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