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Wirtschaft: „Deutschland ist für den Aufschwung besser gerüstet“

Ökonomen: Zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt wird das Wachstum im Jahr 2004 hier zu Lande höher sein als in Frankreich

Paris/Düsseldorf (cn/ost/HB). Immer mehr Ökonomen in Deutschland und Frankreich sind überzeugt, dass die deutsche Wirtschaft stärker von der erwarteten KonjunkturErholung profitieren wird als die französische. „Deutschland ist für einen Aufschwung besser gerüstet als Frankreich“, betonen die Volkswirte der französischen Investmentbank CDC Ixis. Zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt werde das Wirtschaftswachstum in Deutschland 2004 etwas höher sein als in Frankreich, prognostizieren sie.

Damit rechnet auch die Deka-Bank: Für Deutschland erwartet das Institut für das kommende Jahr ein Wachstum von 1,9 Prozent, für Frankreich nur eines von 1,6 Prozent. „Derzeit gibt es eine Umkehr des Kräfteverhältnisses zwischen beiden Ländern“, betont Deka-Volkswirtin Gabriele Widmann. „Im Quartalsvergleich dürfte das Wachstum in Frankreich in den nächsten Quartalen immer etwas schlechter ausfallen als in Deutschland.“ Und Michel Didier, Direktor des renommierten Wirtschaftsforschungsinstituts Rexecode in Paris, betont: „Deutschland hat eine bessere Ausgangsposition als Frankreich, um vom Aufschwung rasch zu profitieren.“

Treffen diese Prognosen ein, wären sie ein Paradigmenwechsel: In den vergangenen acht Jahren hat Frankreich Deutschland wirtschaftlich Jahr für Jahr in den Schatten gestellt. Zwischen 1995 und 2002 legte die Wirtschaftsleistung in Frankreich insgesamt um fast 18 Prozent zu, in Deutschland waren es nur etwas mehr als zehn Prozent. Noch im vergangenen Jahr war das französische Wachstum einen glatten Prozentpunkt höher als das deutsche. Inzwischen aber hat sich das Blatt gewandelt: Im ersten Halbjahr trat die Wirtschaft in beiden Ländern auf der Stelle. Im zweiten Quartal brach die Konjunktur in Frankreich sogar deutlich stärker ein als in Deutschland. „Frankreichs Wirtschaft befindet sich in sehr, sehr schlechter Verfassung“, sagt Irina Topa, Ökonomin der Großbank Société Générale (SG) in Paris. Notwendige Restrukturierungen seien ausgeblieben: „Frankreich hat zu langsam reagiert, vor allem im Vergleich zu Deutschland.“

Hier zu Lande haben die Firmen drastischer auf die Konjunktur-Flaute reagiert als in Frankreich: Deutsche Unternehmen haben seit 2001 einen brutalen Konsolidierungskurs eingeschlagen – sie bauten drastisch Personal ab, fuhren ihre Investitionen radikal zurück und konzentrierten sich auf den Schuldenabbau. Die französischen Unternehmen konnten sich dagegen eine ganze Weile erlauben, nicht so drastisch zu reagieren – weil dort die gut laufende Binnenkonjunktur die Flaute der Weltwirtschaft überdeckt hat. „Der Problemdruck in den Unternehmen war lange Zeit nicht so groß wie in Deutschland“, sagt Stefan Schneider, Chief International Economist bei Deutsche Bank Research. Der Umstrukturierungsprozess in den französischen Unternehmen habe gerade erst begonnen. Denn inzwischen haben sich auch in Frankreich die Zeiten verändert: Längst ist die Krise auch in Frankreich auf die Binnenwirtschaft durchgeschlagen. Die Ertragslage der Unternehmen hat sich zuletzt deutlich verschlechtert. Volkswirte rechnen damit, dass Frankreichs Unternehmen weiter Personal abbauen.

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