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Wirtschaft: Deutschlands einzige Internet-Holding ist gefragt

Die Analysten sind sich selten einig und raten zum Kauf der PapiereUlf Sommer Als Dienstleister für Marketing und Werbung dümpelte die 1 & 1-Aktie vor sich hin. Niemand mochte so recht die Kerngeschäftsfelder der Firma erkennen.

Die Analysten sind sich selten einig und raten zum Kauf der PapiereUlf Sommer

Als Dienstleister für Marketing und Werbung dümpelte die 1 & 1-Aktie vor sich hin. Niemand mochte so recht die Kerngeschäftsfelder der Firma erkennen. Von Anlegern und Analysten fast unbemerkt erwarb das Unternehmen eine Internet-Beteiligung nach der anderen. Als Vorstandschef Ralph Dommermuth dann verkündete, 1 & 1 sei jetzt eine Internet-Holding und nenne sich in United Internet um, kannte der Aktienkurs kein Halten mehr: 600 Prozent plus in drei Monaten.

Und die Experten sind sich einig: Deutschlands einziger Internet-Holding stehen noch glänzende Zeiten bevor. Auf inzwischen wieder deutlich ermäßigtem Kursniveau sehen fast alle Bankhäuser die Aktie als "Kauf". Euphorisch beurteilt die französische Sociéte Générale die Aktie mit "strong buy". In einer Unternehmensstudie veranschlagen die Analysten das Kursziel auf über 600 Euro. Das wäre eine Verdoppelung. "United Internet ist eines der interessantesten Investments im deutschen Markt", glaubt Hypo-Vereinsbank-Stratege Christian Lamprecht an die Unternehmensstrategie. Diese orientiert sich an so großen Namen wie Softbank in Japan oder CMGI in den USA. Durch Management Know-how, Marketing-Service und Kapital erwirbt United Internet Beteiligungen an immer neuen Firmen aus dem Internet-Bereich.

Erst jüngst erwarb die Holding Anteile an der Berliner Gatrixx, einem Internet-Anbieter von Kurs- und Börseninformationen, sowie an der Netzpiloten AG. Die Hamburger betreiben ein Internet-Portal, das den Nutzer mit einer breiten Themenpalette durch das Netz führt. Weitere fünf bis zehn Beteiligungen werden nach Aussage des United-Internet-Managements in diesem Jahr noch hinzukommen. Teil zwei der Strategie ist es, später möglichst viele Beteiligungen an die Börse zu bringen. Der kommerzielle Stellenmarkt im Internet, Jobs & Adverts, wagt am Donnerstag als erste Beteiligung den Schritt auf das Parkett. 35,49 Prozent des Unternehmens gehören United Internet. Der E-Mail- und Internetdienstleister GMX aus München folgt im Mai oder Juni, ebenfalls noch im zweiten Quartal der Online-Werbevermarkter Adlink und zu einem noch nicht festgelegten Zeitpunkt twenty4help - ein Hilfsdienst im Umgang mit Produkten der Informationstechnologie.

United-Internet-Anleger erhalten für je neun Aktien einen Anteil an Jobs & Adverts. Angesichts der meist hohen Zeichnungsgewinne ein hoher Anreiz, wie auch das Investmenthaus Hornblower Fischer in seiner Studie hervor hebt. Dessen ungeachtet sei die Anfang des Jahres enorm gestiegene Aktie keineswegs überbewertet. Die Summe aller Beteiligungen sei um vieles größer als die derzeitige Marktkapitalisierung. Hornblower Fischer rät zum Kauf. Gehen die Pläne bei United Internet auf und finden die jungen Unternehmen künftig den Anklang bei den Aktionären, wird ein Vielfaches des ursprünglich eingesetzten Geldes wieder eingespielt. Und die Chancen dafür stehen nicht schlecht. United Internet Perlen hat im Depot, ist sich Lamprecht sicher.

Gute Kurschancen sieht auch die DG Bank. Analyst Rainer Raschdorf hebt die dynamische Entwicklung der Gesellschaft hervor und empfiehlt die Aktie zum "Kauf". Im kommenden Jahr sei mit einem Gewinnsprung und dem Break-even bei dem noch Verlust schreibenden Unternehmen zu rechnen. Diesen Optimismus teilt die Zürcher Bank Vontobel nicht. Noch über einen längeren Zeitraum seien rote Zahlen zu erwarten. Nach einem Minus von 2,94 Euro pro Aktie 1999 rechnen die Experten für das laufende Jahr mit einen Verlust von 4,84 Euro und auch 2001 immerhin noch mit einem Minus von 0,89 Euro. Dennoch rät auch Vontobel zum "Kauf" und sieht Kurspotenzial bis auf rund 450 Euro. Der Kaufempfehlung schließen sich die Kollegen der Deutschen Bank an. Genau diese Phantasie, der Run auf neue Aktien - oder das blinde Zeichnen aller Neuemissionen -, könnte sich allerdings als Bumerang erweisen. Sollte das Interesse plötzlich nachlassen, wird United Internet Schwierigkeiten haben, die Unternehmen an der Börse erfolgreich zu platzieren.

Ulf Sommer

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