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Salim Salim will in Tansania ein Start-Up gründen und Software für E-Business entwickeln.

© Kai-Uwe Heinrich

Die andere Entwicklungshilfe: Wirtschaftskooperation verschafft afrikanischen Talenten Einblicke

Seit dem Jahr 2008 ermöglicht die Initiative „Afrika kommt!“ jungen, gut gebildeten Afrikanern ein neunmonatiges Praktikum in deutschen Unternehmen. Vier Teilnehmer ziehen Bilanz.

Salim Salim hat auf Sansibar Informatik studiert. Aber die letzten neun Monate hat er für SAP in Walldorf, südlich von Heidelberg, an der Entwicklung einer Software zur Katalogisierung von Kundenanrufen mitgearbeitet. Salim ist erst 25 Jahre alt und einer von 21 jungen Menschen aus Subsahara-Afrika, die im Rahmen von „Afrika kommt!“ über ein knappes Jahr Arbeitserfahrung in Deutschland gesammelt haben. „Mir hat es hier sehr gut gefallen. Ich habe viel gelernt“, sagt Salim.

Auch Inge Petri aus der Personalabteilung von SAP ist sehr zufrieden mit dem Aufenthalt des Tansaniers. Er sei ein eher ruhiger Typ, „aber die Integration hat dann doch super geklappt“, schwärmt sie. Salims Arbeitskollegen hätten ihn sogar zu einem Barbecue eingeladen und dabei die tansanische Fahne auf dem Dach gehisst. Auch die Broschüre der Initiative zeichnet die Möglichkeiten von „Afrika kommt!“ in den schönsten Farben. Netzwerke und wirtschaftliche Kooperationen sollen geschaffen werden. Das sei eine „klassische Win-win-Situation“. Darauf angesprochen meint Petri: „Unsere Gäste aus Afrika bringen ihre eigene Sicht der Dinge mit und können uns wertvolle neue Denkanstöße geben.“ Mit Salim habe man allerdings keine konkreten Pläne nach seinem neunmonatigen Aufenthalt. Auch er selbst ist noch nicht sicher, wie es jetzt weiter geht. Er überlegt, wieder an der Uni in Sansibar als Tutor zu unterrichten oder vielleicht mit einem Start-up-Unternehmen Software für E-Business und E-Government zu entwickeln.  

Beeindruckt von der Pünktlichkeit

Aus Simbabwe ist Patience Chingombe, eine weitere Teilnehmerin der Initiative, an der sich 17 deutsche Großunternehmen beteiligen, nach Deutschland gekommen. Genau wie Salim ist sie beeindruckt von der deutschen Pünktlichkeit. „Zeit ist hier Geld“, sagt sie. Die 27-Jährige hat für Boehringer Ingelheim an der Entwicklung neuer Tabletten mitgewirkt. Boehringer hat seinen Sitz in Biberach. Mancher Bus kommt da nur einmal pro Stunde. „Und wenn man den verpasst, wird dein ganzer Tag auf den Kopf gestellt“, sagt die studierte Pharmazeutikerin.

Patience Chingombe aus Simbabwe hat bei Böhringer-Ingelheim geholfen, neue Tabletten zu entwickeln.
Patience Chingombe aus Simbabwe hat bei Böhringer-Ingelheim geholfen, neue Tabletten zu entwickeln.

© Kai-Uwe Heinrich

Michael Rabbow arbeitet schon seit mehr als neun Jahren für Boehringer und kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens. „Afrika ist ein Markt der Chancen. Der Mittelstand wächst in vielen Ländern und zur Armutsbekämpfung braucht man den privaten Sektor“, erklärt der 62-Jährige die Gründe für Boehringer, sich an „Afrika kommt!“ zu beteiligen. Allerdings weiß Chingombe nicht einmal, ob Boehringer in ihrem Heimatland Simbabwe Geschäfte macht. „Aber im Nachbarland Südafrika ist Boehringer vertreten“, meint sie.

Zuhause die Gesundheitsversorgung verbessern

Felix Akuamoah aus Akkra in Ghana hat da schon genauere Pläne. Nachdem sich mehr als 3000 junge Afrikaner für die dritte Runde von „Afrika kommt!“ beworben haben, wurden gut 80 von ihnen nach Nairobi in Kenia eingeladen. Im Rahmen des dortigen Bewerbungsverfahrens mussten die „Future leaders“, wie sie in der Broschüre genannt werden, unter anderem ein eigenes Geschäftsmodell vorstellen. Akuamoah will sein Projekt „Mobile First Aid“ nach seiner Rückkehr verwirklichen und ein Unternehmen gründen, das über Mobiltelefonie den Zugang zu Gesundheitsversorgung verbessert. Dabei werde ihm das Wissen aus den Management-Kursen, die seine Arbeit bei Merck in Darmstadt begleitet haben, helfen. Er habe außerdem Kontakte zu mittelständischen deutschen Unternehmen aus Pharmazie und Landwirtschaft geknüpft und berate mit ihnen Investitionen in seiner ghanaischen Heimat.

"Zuhause in Ghana werde ich eine NGO, die die Gesundheitsversorgung verbessern soll, gründen", sagt Felix Akuamoah.
"Zuhause in Ghana werde ich eine NGO, die die Gesundheitsversorgung verbessern soll, gründen", sagt Felix Akuamoah.

© Kai-Uwe Heinrich

Das sind dann wohl die in „positiven Entwicklungen“, die die Teilnehmer der Initiative, an der auch das Auswärtige Amt und die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit mitwirken, in ihren Heimatländern anstoßen sollen. Und die Firma Bosch will, laut ihrem Personaler Heiner Boeker, einen ihrer afrikanischen Gäste zum Geschäftsentwickler in einer ihrer Niederlassungen in Nigeria machen. Bosch ist bei „Afrika kommt!“ schon seit der Gründung 2008 dabei. Damals wurde die Initiative vom Bundespräsidenten Horst Köhler und dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden von Bosch, Tilman Todenhöfer, ins Leben gerufen. Inzwischen gibt es für alle Teilnehmer ein Alumni-Netzwerk. „Über das Netzwerk haben wir viele gute Vorschläge für eine Sales Manager-Stelle in Kenia bekommen“, erläutert Boeker die Netzwerkfunktion der Initiative. Für Deutschland sei es Zeit, in Afrika zu investieren, sagt er weiter: „Die Chinesen haben das Potenzial schon vor zehn Jahren erkannt und sind massiv in den afrikanischen Markt eingedrungen.“

Stevenson Genesis aus Nigeria hat für die Bayer AG das Verhalten afrikanischer Kunden erforscht.
Stevenson Genesis aus Nigeria hat für die Bayer AG das Verhalten afrikanischer Kunden erforscht.

© Kai-Uwe Heinrich

Auch, wenn Ausblicke auf konkrete Zusammenarbeit bei der Abschlussveranstaltung am vergangenen Donnerstag eher wenig zu sehen waren, ist auch Stevenson Genesis überzeugt, dass sich seine beruflichen Chancen durch die Teilnahme an „Afrika kommt!“ verbessert haben. Aber zunächst will er nach seiner Rückkehr Zeit mit seiner Familie in Nigeria verbringen.

Wie sehr hilft es letztlich der Mehrheit der Menschen in Subsahara Afrika, wenn einige wenige Hochgebildete Arbeitserfahrung in Deutschland sammeln? Außer den eher vagen „positiven Entwicklungen“, die angestoßen werden sollen, war dazu wenig zu hören.

Philip Barnstorf

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