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Wirtschaft: Die Bahn will pünktlich werden

95 Prozent der Züge sollen demnächst rechtzeitig ankommen, verspricht der Bahnchef – und schwarze Zahlen dazu

Berlin (hop/brö). Die Bahn will bis Ende 2004 deutlich pünktlicher werden. Konzernchef Hartmut Mehdorn sagte am Freitag beim Neujahrsempfang des Unternehmens in Berlin, die Quote solle im zweiten Halbjahr mindestens bei 95 Prozent der Fernverkehrszüge liegen. „Pünktlichkeit wird zu unserem ersten Ziel.“ Die Vorstandsmitglieder des Konzerns werden dafür finanziell in die Pflicht genommen. Die „Tantiemen“ seien auch an die Erreichung der Pünktlichkeitsziele gekoppelt, sagte Mehdorn. Der Bahnchef betonte außerdem, der Konzern werde in diesem Jahr wie geplant schwarze Zahlen schreiben. Mögliche Kürzungen bei den Investitionszuschüssen des Bundes würden sich auf das operative Ergebnis nicht negativ auswirken.

Unter Pünktlichkeit versteht die Bahn, dass Züge höchstens fünf Minuten zu spät sein dürfen. 2003 hatte die Bahn massive Probleme mit der Pünktlichkeit, vor allem im Herbst. Im Jahresschnitt lag die Quote nach BahnAngaben bei 85 Prozent. Schuld waren vereiste Oberleitungen, Selbstmörder, Baustellen, aber auch technische Defekte bei den neuen ICE-3-Zügen. Die Situation habe sich jedoch wieder entschärft. Mehdorn sagte, die Bahn sei gut in das Jahr gestartet. In den ersten drei Wochen seien wieder mehr als 90 Prozent der Fernzüge pünktlich gewesen. Eine ganze Reihe von Maßnahmen sei ergriffen worden, um Probleme zu beseitigen. Dabei geht es dem Vernehmen nach nicht nur um besser abgestimmte Fahrpläne, sondern auch um ein stärkeres Bewusstsein für Pünktlichkeit bei den Bahnmitarbeitern.

Weniger Zuschüsse vom Bund

Auch bei den Regionalzügen sei die Lage wieder besser geworden, sagte Bahn-Chefsprecher Dieter Hünerkoch. Der Konzern überlege sogar, die Verspätungshotline für den Regionalverkehr in Nordrhein-Westfalen einzustellen, weil dort so gut wie niemand mehr anrufe. Der Telefonservice war im Herbst wegen massiver Verspätungen eingerichtet worden. Das Land NRW hatte wegen der schlechten Pünktlichkeitsquote eine Initiative gestartet, um zusammen mit anderen Bundesländern größeren Druck auf die Bahn auszuüben, damit die versprochene Qualität eingehalten werde. Jedoch warnte Hünerkoch vor verfrühtem Optimismus. Ein Teil der aktuellen Verbesserungen sei dem bisher milden Winter zu verdanken. Mit einer Erfolgsmeldung wolle die Bahn noch warten, bis „belastbare Zahlen“ vorlägen.

Vebraucherschützer lobten den Plan der Bahn, forderten aber auch Entschädigungen bei Unpünktlichkeit. „Die Bahn muss jetzt endlich verbindliche Entschädigungsregeln bei Verspätungen verabschieden“, sagte Otmar Lell, Verkehrsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Bahnchef Mehdorn versprach außerdem, dass der Staatskonzern 2004 im operativen Geschäft schwarze Zahlen schreiben werde. Alle dafür nötigen Maßnahmen seien bereits eingeleitet worden. Bahn-Sprecher Hünerkoch erläuterte, dabei handele es sich vor allem um Rationalisierungen. Außerdem werde die Bahn auch ohne den Beitrag des profitablen Logistikkonzerns Stinnes, der mittlerweile zum Konzern gehört, wieder Gewinne machen. Das vergangenen Jahr dürfte die Bahn mit einem Minus von etwas über 200 Millionen Euro abgeschlossen haben.

In diesem Jahr macht der Bahn jedoch die Finanznot des Bundes zu schaffen. Berlin muss die Verkehrsinvestitionen kürzen, weil die Lkw-Maut nicht wie geplant 2,1 Milliarden Euro einbringt. Deshalb bekommt auch die Bahn weniger Zuschüsse für ihre Bauvorhaben. Mehdorn sagte dazu, „wenn alle sparen, versteht niemand, wenn es die Bahn nicht auch tut“. Gesichert seien in jedem Fall aber die laufenden Baumaßnahmen. Wie das Haushaltsloch gestopft werden soll, ist noch unklar. Klarheit über mögliche Kürzungen bei Bahnzuschüssen erwartet der Konzern Ende Februar. Mehdorn warnte jedoch davor, die Verhandlungen darüber noch weit in den März hinauszuzögern.

Dirk Flege, Geschäftsführer des Verbandes Allianz pro Schiene, rechnet damit, dass die Zuschüsse für die Bahn von zuletzt 4,5 auf nur noch drei Milliarden Euro abgesenkt werden könnten. Die Folge wären „enorme volkswirtschaftliche Schäden“ durch einen verspäteten Ausbau. Er schlug vor, die unerwarteten Mehreinnahmen bei den Steuern direkt in die Schieneninvestitionen zu stecken.

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