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Wirtschaft: Die besten Zinsen

Wo man jetzt am meisten für Tages- und Festgeld bekommt

Der Zinsmarkt ist in Bewegung. Nachdem Europas Zentralbanker nun zum zweiten Mal an der Zinsschraube gedreht und den Leitzins auf 1,5 Prozent erhöht haben, buhlen viele Banken mit Schnäppchen um die Kunden. Doch während sich Online-Institute, ausländische Banken und neue Mitbewerber mit immer höheren Sätzen überbieten, gibt es bei klassischen Instituten und Sparkassen weiter Zinsen weit unter der Inflationsrate von derzeit 2,3 Prozent.

Die Renditen klaffen weit auseinander: Für täglich verfügbare Tagesgelder mit flexiblem Zins werden Sätze zwischen 0,25 und 2,6 Prozent gezahlt. Einjährige Festgelder werfen weniger als ein oder auch glatt drei Prozent ab. Insgesamt zeigt der Trend aber klar nach oben.

„Zinshoch in Sicht“ wirbt etwa Cortal Consors und verspricht zwölf Monate lang 2,6 Prozent aufs Tagesgeld. Auch Konkurrentin Direkt Anlage Bank lockt mit den gleichen Sätzen, wenn auch nur bei der gleichzeitigen Eröffnung eines Depots. VW und Audi Direct, eine Onlinebank unter zwei Markennamen, zahlen ab sofort 2,5 Prozent auf das Tagesgeld-Konto und sichern sich damit einen Platz ganz vorne in den Zins-Rankings. Die lukrativen Sätze erhält aber nur, wer noch kein Kunde der Bank ist. Altkunden müssen sich mit deutlich tieferen Sätzen begnügen, etwa 1,5 Prozent bei VW/Audi oder 1,75 Prozent bei Cortal Consors.

Zinsvergleiche zeigen: Die Zweiklassengesellschaft etabliert sich. In den meisten Fällen sind Schnäppchenzinsen an drei Konditionen geknüpft: Es muss sich um einen Neukunden handeln, das Geld muss online verwaltet werden und der Zinssatz gilt meist nur für ein paar zehntausend Euro.

Am deutlichsten wird dies bei einem aktuellen Angebot der Commerzbank. Die Bank wirbt mit einem Tagesgeld-Zinssatz von 2,3 Prozent. Doch wer mehr als 20 000 Euro mitbringt, bereits Kunde ist oder sein Geld nicht gerne übers Netz verwaltet, muss sich mit einem Prozent begnügen. Die Postbank verspricht sogar 3,3 Prozent aufs Tagesgeld, doch der Wermutstropfen steht im Kleingedruckten: der Kunde muss auch mit seinem Gehaltskonto zur Postbank wechseln, möchte er sechs Monate lang in den Genuss der Höchstzinsen kommen.

Einzig die Bank of Scotland gehört – seit vielen Monaten – zu den Anbietern, die allen Kunden Spitzensätze zahlen. Derzeit sind es 2,4 Prozent fürs Tagesgeld und drei Prozent für einjährige Festgelder – und zwar mit Anlage-Bedingungen, die ohne Fußnoten oder Einschränkungen auskommen. Der Haken: Die britische Bank bietet ihren Kunden nicht die deutsche, sondern nur die europäische Variante der Einlagensicherung, so dass nur rund 100 000 Euro pro Kunde sicher sind. Dies gilt auch für den neuen Wettbewerber Mone@you. Die Online-Bank, Tochter der niederländischen Großbank ABN Amro, ist erst seit 1. Juli in Deutschland auf dem Markt und lockt mit Sätzen von 2,5 Prozent für Tagesgeld oder 2,7 Prozent für sechsmonatige Festgelder.

In den Rankings der FMH Finanzberatung folgt bei einjährigen Festgeldern nach der Bank of Scotland die IKB, die 2,8 Prozent anbietet. Als IKB direkt wendet sich der Mittelstandsfinanzierer erstmals auch an die breite Masse. Noch vor vier Jahren schrammte die IKB aber nur dank Staatshilfe und einer gut 90-prozentigen Übernahme durch die KfW an der Pleite vorbei. 2008 hat das US-Private-Equity- Unternehmen Lone Star die Bank übernommen, die Sanierung begonnen, jedoch nun angekündigt, sich wieder von der IKB trennen zu wollen. Aber anders als bei vielen ausländischen Banken sind die Einlagen hier bis weit über 700 Millionen Euro pro Kunde abgesichert.

Bei den Großbanken, aber auch bei vielen Sparkassen, PSD- und Volksbanken gibt es für Tagesgelder, aber auch kurz- bis mittelfristige Festgelder oft nur ein bis 1,5 Prozent, manchmal sogar weniger: Die Berliner Bank etwa, die zur Deutschen Bank gehört, knausert bei Tagesgeldern unter 10 000 Euro mit Sätzen von 0,45 Prozent. Bis eine Million Euro steigen die Zinsen zart auf 0,6 Prozent. Bei der Berliner Volksbank erhalten Tagesgeld-Anleger 0,4 Prozent, bei sehr hohen Summen bis zu 0,9 Prozent.

Die Ursache für die mageren Sätze vieler Sparkassen und Großbanken sieht Max Herbst, Zinsexperte von der FMH Finanzberatung, in der Trägheit vieler Anleger: „Die meisten Kunden bleiben ihrer Bank mit ihren Spargroschen treu.“ Eine Leitzinserhöhung verteuere zwar die Refinanzierung über die Europäische Zentralbank (zum Leitzins) und ziehe auch den Interbanken-Satz Euribor in die Höhe, zu dem sich die Banken gegenseitig Geld leihen. Doch seien viele Banken „auf diese Art der Geldbeschaffung nicht angewiesen“, da sie sich bei den eigenen Kunden billiger refinanzieren könnten. Herbst rät deshalb dazu, rasch zu einer Bank zu wechseln, die attraktive Zinsen zahle.

Dass gerade das neue Zinsschnäppchen der Commerzbank Kundenströme nach sich ziehen könnte, zeigt die Reaktion der Konkurrenz: Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband rügte die neuen Sätze einer staatlich gestützten Bank als „Kampfkonditionen“. Doch gerade die Sparkassen knausern in den meisten Zeiträumen und Anlagebereichen: So zahlt die Berliner Sparkasse seit 1. April 1,5 Prozent aufs Tagesgeld, allerdings nur Online-Kunden. Die zwei Zinserhöhungen der Zentralbank (am 7. April und am 7. Juli) haben sich also bisher nicht ausgewirkt.

Die meisten Zinsexperten raten, sich derzeit keinesfalls sehr lange an niedrige Sätze zu binden. Steige die Inflation, bei mehrjährig festen Zinsen, so fresse dies nicht nur die Zinsen auf, sondern möglicherweise auch einen Teil des Geldes. Herbst rät zu Zinsbindungen von maximal drei Jahren. Hier könnten Anleger nun wieder Zinsen über vier Prozent einstreichen. So zahle die Santander Consumer Bank exakt vier Prozent, die estnische Bigbank, mit europäischer Einlagensicherung bis 100 000 Euro, 4,25 Prozent, sagt Herbst. Selbst für längere Anlage-Zeiträume sei da kaum mehr zu erzielen.

Veronica Czisi

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