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Wirtschaft: Die Deutschen kaufen wieder Aktien

In Westdeutschland nutzen Anleger die schwachen Kurse zum Kauf/Ostdeutsche Aktionäre steigen aus

Frankfurt(M ain) / Berlin (ro/mot). Die Zahl der Aktionäre ist in Deutschland im zweiten Halbjahr 2002 wieder gestiegen. Das Interesse an Aktienfonds ist allerdings deutlich zurückgegangen. 5,3 Millionen Deutsche und damit 8,3 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren besitzen derzeit direkt Aktien, insgesamt 11,5 Millionen oder 17,9 Prozent haben Aktien oder Aktienfonds in ihren Depots.

Nach Ansicht des Deutschen Aktieninstituts (DAI), das am Dienstag eine entsprechende Analyse vorlegte, haben etliche Anleger die Tiefstkurse im zweiten Halbjahr zu neuen Aktienkäufen genutzt. „Die Stabilisierung der Aktienakzeptanz ist erfreulich deutlich“, sagte DAIChef Rüdiger von Rosen. Es gebe aber keinen Grund zur Entwarnung, vor allem wegen der von der Bundesregierung geplanten Kursgewinnbesteuerung, die die Aktie gegenüber festverzinslichen Wertpapieren benachteilige.

Während die Zahl der direkten Aktionäre in Westdeutschland weiter auf rund 9,8 Prozent gestiegen ist, schwindet das Aktieninteresse in Ostdeutschland. Dort besitzen nur noch 2,5 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren oder insgesamt 326000 Anleger direkt Dividendenpapiere. Innerhalb von nur sechs Monaten ist dies ein Rückgang um fast 30 Prozent. Rechnet man Aktien- und Fondsbesitzer zusammen, so ergibt sich sogar ein Minus von etwa 14 Prozent auf knapp 1,39 Millionen. Beim DAI spricht man von einer „geradezu dramatischen Entwicklung“. Ursachen seien die immer noch niedrigeren Vermögen, die hohe Arbeitslosigkeit und die unterschiedliche Einstellung zu Risiken und Chancen der Aktienanlage. Weitere Aufklärungsarbeit sei deshalb dringend erforderlich, heißt es beim DAI.

Umschichtung in sichere Fonds

In Westdeutschland ist die Zahl der Aktionäre im zweiten Halbjahr um 22 Prozent oder 535000 gestiegen. Auf deutlich geringeres Interesse stießen dagegen Fonds. Der bereits in den ersten sechs Monaten erkennbare Abwärtstrend setzte sich fort, der Rückgang lag bei elf Prozent auf rund 5,12 Millionen. Allerdings werden in der DAI-Statistik nur reine Aktien- und gemischte Fonds berücksichtigt. Renten-, Geldmarkt- oder Offene Immobilienfonds werden nicht gezählt. Gerade diese, von der Entwicklung der Aktienkurse unabhängigen Produkte erfreuten sich bei den Anlegern aber im vergangenen Jahr größter Beliebtheit.

Nach Angaben des Bundesverbands der Investmentgesellschaften (BVI) war 2002 vor allem für Offene Immobilienfonds ein „absolutes Rekordjahr“. Von Januar bis Ende November 2002 wurde in diesem Fondstyp ein Nettomittelaufkommen von insgesamt 14,5 Milliarden Euro verwaltet. Das waren deutlich mehr als doppelt so viel wie 2001 (6,7 Milliarden Euro). Auch Geldmarktfonds erlebten im Baisse-Jahr 2002 einen Aufschwung: Das Nettomittelaufkommen lag von Januar bis November bei 19,7 Milliarden Euro, vier Milliarden Euro mehr als im Jahr zuvor. Rentenfonds verloren bei einem Aufkommen von 2,7 Milliarden Euro 400 Millionen Euro. Eindeutiger Verlierer waren die klassischen Aktienfonds, deren Nettomittelaufkommen sich von Januar bis Ende November 2002 im Vergleich zum Vorjahr von 7,2 auf 3,8 Milliarden Euro fast halbierte.

Unter dem Strich bleibt die Entwicklung trotz der seit über zwei Jahren anhaltenden Börsenflaute nach DAI-Einschätzung positiv. Die Gesamtzahl der Deutschen, die Aktien oder Aktienfonds besitzen, ist im zweiten Halbjahr 2002 stabil geblieben. Mit 11,5 Millionen Anlegern besitzen 17,9 Prozent der Deutschen direkt oder indirekt Aktien. Im ersten Halbjahr waren es 11,57 Millionen oder 18 Prozent. Damit hat sich die Zahl der Aktiensparer in Deutschland im Vergleich zu 1997 mehr als verdoppelt. Aus der Entwicklung lässt sich nach Ansicht von DAI-Chef von Rosen allerdings nicht der Schluss ziehen, dass die Vertrauenskrise am Kapitalmarkt schon überwunden ist. „Die Anleger werden die aktuelle Situation weiterhin kritisch beobachten.“ Die Kursgewinnbesteuerung könnte sich als Hemmschuh erweisen.

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