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Wirtschaft: Die Deutschen kommen in Kauflaune

Der Konsumklima-Index ist zum vierten Mal in Folge gestiegen – der Handel glaubt dennoch nicht an einen Aufschwung

Berlin - Trotz Rekordarbeitslosigkeit lassen sich die deutschen Verbraucher die Stimmung nicht vermiesen. So ist der Konsumklima-Index im März von 4,2 auf 4,8 Punkte gestiegen – und hat damit zum vierten Mal in Folge zugelegt. Das teilte die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Freitag mit. „Das Grundvertrauen der Deutschen ist stabiler geworden, sie reagieren auf negative Wirtschaftsmeldungen gelassener“, sagte GfK-Chef Klaus Wübbenhorst.

Zwar bewerten die Verbraucher die Konjunkturentwicklung und auch ihre eigene finanzielle Lage wieder etwas skeptischer, dennoch wollen sie mehr kaufen und weniger sparen: Gegenüber dem Vormonat ist die Zahl der Haushalte, die größere Anschaffungen – wie Möbel, Autos oder Haushalts- und Elektrogeräte – planen, erneut gestiegen. „Es ist erfreulich, dass sich die Verbraucherstimmung von Monat zu Monat verbessert“, hieß es beim Bundeswirtschaftsministerium.

Gute Stimmung allein helfe dem Einzelhandel nicht, kommentierte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) den stetig steigenden Konsumklima-Index. „Zwischen Absicht und Handeln der Verbraucher klafft eine große Lücke“, sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr dem Tagesspiegel. Der Branchenverband jedenfalls rechnet nicht mit einer Belebung des Konsums. Vielmehr werde auch 2005 wieder ein schwieriges Jahr für die Branche. „Wir haben Glück, wenn wir das Vorjahresniveau halten können“, sagte Pellengahr. 2004 war der Einzelhandelsumsatz zum dritten Mal in Folge zurückgegangen, und zwar um 1,6 Prozent.

Auch Volkswirte glauben trotz der anhaltend positiven GfK-Zahlen nicht an den Beginn eines Aufschwungs . „Der private Verbrauch lahmt immer noch“, sagte Reinhard Kudiß, Konjunkturexperte des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), dem Tagesspiegel. Klein reden solle man die Verbesserung des Konsumklimas dennoch nicht: „Am Anfang steht immer die Stimmung“, so Kudiß. „Und sie ist das einzige, was wir derzeit haben.“ Kurzfristig sollte man aber nicht zu viel erwarten, sagte Udo Ludwig vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). „Bis sich die Stimmung in realen Kaufentscheidungen niederschlägt, dauert es noch eine Weile.“ Er sei jedoch „verhalten optimistisch“.

Verhalten optimistisch ist auch Fred Otto vom Marktforschungsinstitut AC Nielsen: „Die Bäume werden nicht in den Himmel wachsen, aber es wird in diesem Jahr tendenziell besser laufen als in 2004“, sagte er dem Tagesspiegel. Zwar liege nach ersten Schätzungen das Januar-Ergebnis im Einzelhandel unter dem Vorjahresniveau, aber im Februar habe das Geschäft angezogen und der Umsatz sei gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Ebenfalls gestiegen sind im Februar die Verbraucherpreise. Im Vergleich zum Vorjahresmonat erhöhten sich die Lebenshaltungskosten vor allem wegen des deutlich teureren Heizöls um 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte.

Branchenkenner, Volkswirte und GfK sind sich einig, dass für einen Anstieg des Konsums die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt entscheidend ist. So sei eine Arbeitslosenzahl von deutlich über fünf Millionen der entscheidende Grund, warum sowohl die Konjunktur- als auch die Einkommenserwartung der Verbraucher gesunken ist. „Die Menschen glauben nicht daran, dass die konjunkturelle Talsohle durchschritten ist“, sagte GfK-Chef Wübbenhorst. Die Bundesregierung jedenfalls geht davon aus, dass die Wirtschaft 2005 um 1,6 Prozent wächst – nicht zuletzt, weil sie glaubt, dass der Konsum in Deutschland steigen wird.

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