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Wirtschaft: „Die Diskussion über Sportwagen ist ein Ablenkungsmanöver“

Der Chef der britischen Luxus-Sportwagenfirma Aston Martin, Ulrich Bez, über James Bond, Prinz Charles und Umweltschutz

Herr Bez, Sie waren früher bei BMW und sind jetzt bei Aston Martin. James Bond ist auch von BMW zu Aston Martin zurückgekehrt. Wie konnten Sie den Agenten Ihrer Majestät zurückgewinnen?

James Bond will immer das beste Produkt. Wenn ein englisches Produkt das beste ist, dann nimmt er das natürlich. 007 hat eine Schweizer Uhr und trinkt französischen Champagner. Und jetzt fährt er wieder ein englisches Auto.

Geht es da nur um Qualität?

Ich würde sagen: James Bond und Aston Martin, das ist eine Liebesaffäre, in der beide Seiten nicht aufeinander angewiesen sind.

Also eher um eine Liebschaft?

Nein, eine lebenslange Leidenschaft. Jedenfalls um ein Product Placement. Das beste Product Placement überhaupt war der Aston Martin DB5 in „Goldfinger“. Da reden heute immer noch alle davon. Und das Schöne ist: Das hatte mit Geld gar nichts zu tun.

Als die Planungen für den letzten Film, „Casino Royale“, anliefen, war von über 40 Milionen Dollar die Rede, die ein Product Placement kosten würde – und dass Ihnen das zu teuer sei. Wie sind Sie doch noch dort untergekommen?

Wenn es für die Filmproduzenten wirklich allein eine Geldfrage wäre, dann hätten wir als kleines Unternehmen tatsächlich keine Chance mehr.

Wie werden Sie als Deutscher an der Spitze eines solchen Traditionsunternehmens akzeptiert?

Dass ich Deutscher bin, spielte nie eine Rolle. Wichtig waren Sachverstand, Kompetenz und Kreativität. Meine Leistungen bei Porsche, BMW und Daewoo haben mir viel Kredit eingebracht.

War der Schritt zurück in eine sehr traditionelle Autokultur schwierig?

Ich sehe mich nicht als Verwalter der englischen Automobilkultur. Wir haben bei Aston Martin die englische Automobilkultur neu erfunden. Wir haben Tradition mit Qualität und Kreativität verbunden.

Haben die Engländer da Defizite?

Es gibt in diesem Land sehr viel Kreativität. Da braucht man ja nur nach London zu schauen, die Stadt der Mode und der Popmusik. Doch diese Kreativität verläuft sich oft. Sie wirkt auf mich oft wie ein Patchwork. Diese Kreativität muss mit Disziplin verbunden werden. Natürlich gibt es herausragende Ausnahmen wie die vielen britischen Teams in der Formel 1 oder Norman Foster in der Architektur.

Ford hat Ihre Firma vor ein paar Wochen an ein Konsortium unter der Führung von David Richards verkauft. Wie hat sich das ausgewirkt?

Dadurch hat sich gar nichts geändert. In der Automobilindustrie sind kurzfristige Änderungen nicht möglich. Da denkt man in Fünf-Jahres-Horizonten. Ansonsten war und ist Aston Martin ein englisches Unternehmen, darauf hat die Shareholderstruktur keinen Einfluss.

Die Mitarbeiter haben sich aber offenbar mehr erhofft. Es gab zuletzt Streiks wegen ungerechter Bezahlung.

Das hat mit dem Wechsel nichts zu tun. Wir haben ein unterschiedliches Gehaltsniveau, weil Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen der Ford-Welt gekommen sind. Das Problem wollen wir aber in den nächsten Wochen lösen.

Mit dem Rapide erweitern Sie jetzt Ihr Angebot um eine Limousine.

Wir bauen keine Limousinen, wir bauen Sportwagen. Es gibt kein Gesetz, nach dem ein Sportwagen nur zwei Türen haben darf. Wir bauen einen viertürigen Sportwagen.

Eine wichtige Herausforderung für die Autoindustrie ist der Umweltschutz. Prinz Charles zum Beispiel hat zwar einen Aston Martin, betont aber, dass er ihn nur wenig fährt. Wird Ihr Image durch solche Geschichten gefährdet?

Eher nicht, die englische Presse hat ein ganz spezielles Verhältnis zu den Royals, das ist Theater und Drama auf höchstem Niveau. Der Umweltschutz ist hier nur vorgeschoben, alle Aston Martins zusammen sind vernachlässigbar im Vergleich zur Energie, die in England nur durch die Kamine geht. Aston Martin zu fahren, ist ein bewusstes Erleben, ein Genuss, und hat nichts zu tun mit Massentransport.

Wie fährt man mit einem Sportwagen bewusst? Da geht es doch kaum nur um die schnellste Verbindung von A nach B.

Natürlich nicht. Mit individuellen und lokalen Verzichtsdebatten werden wir aber beim Umweltschutz nicht weiterkommen. Wir brauchen globale Konzepte und Lösungen für Energie und Umweltbelastung. Woher kommt der globale Enegiebedarf auf den fünf Kontinenten? Wir brauchen umfassende technische Lösungen und müssen Prioritäten setzen. Windkraft und Wasserkraft zum Beispiel sind sicher keine Lösungen, sondern nur kleine Beiträge, und eine Diskussion über Sportwagen ist ein Ablenkungsmanöver.

Müssen wir unseren Verbrauch einschränken?

Ja, aber nicht bestimmt durch Irrelevanz, Neidfaktoren oder persönliche Präferenzen. Ich kann mir Modelle vorstellen, bei denen jeder eine bestimmte Menge an Energie verbrauchen kann. Dann darf ich frei entscheiden, wie ich damit umgehe.

Das klingt nach den Ideen der britischen Konservativen. Deren Chef David Cameron möchte zum Beispiel bei Urlaubsflügen jedem Bürger ein Budget zuteilen.

Damit könnte ich gut leben.

Das Interview führte Markus Hesselmann.

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