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Wirtschaft: Die Einschläge kommen näher

Gegen die einstige Nummer zwei bei Siemens wird ermittelt. Das schadet Heinrich von Pierer

Berlin – Mit Sicherheit hat sich Heinz- Joachim Neubürger etwas anderes gewünscht. Vermutlich fing der Donnerstag für ihn auch gar nicht so schlecht an. Es war schließlich sein 54. Geburtstag. Doch ausgerechnet an diesem Abend gab die Münchner Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie im Zuge des Siemens-Verfahrens auch gegen ihn ermittelt. Seitdem ist von seinem guten Ruf nichts mehr übrig. „Es ist nicht überraschend, dass auch der Finanzvorstand offenbar eingeweiht war. Das lässt vermuten, dass wir noch längst nicht alles wissen“, sagt etwa Klaus Schneider, der Vorstandschef der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), ganz kühl.

Noch vor weniger als einem Jahr, als sich Neubürger überraschend zurückzog, hatte die Branche dies als großen Verlust für den Konzern beklagt. „Aus persönlichen Gründen“ verlasse er zum 30. April den Vorstand, bleibe aber Siemens als Berater erhalten, hieß es damals. Eine fantastische Karriere lag hinter ihm, und große neue Aufgaben außerhalb des Siemens-Konzerns wurden ihm zugetraut.

Der gebürtige Westfale, der am Freitag nicht erreichbar war, ist gelernter Exportkaufmann, kann aber auch einen prestigiösen MBA-Titel aus Fontainebleau vorweisen, er war zehn Jahre für JP Morgan in Frankfurt, New York und Tokio tätig und kam 1989 zu Siemens. Vom Abteilungsleiter hat er sich bis – fast – nach ganz oben vorgearbeitet. Für Siemens hatte er entscheidende Weichen gestellt: So war er für das Zehn-Punkte-Programm verantwortlich, dass zur Abspaltung der Halbleitersparte und zum Börsengang von Infineon führte.

Zuletzt war er die Nummer zwei im Konzern; ein enger Vertrauter von Heinrich von Pierer, den er als Vorstandschef beerben wollte. Dass nun auch gegen Neubürger ermittelt wird, verstärkt den Druck, dem Vorstand und Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung in der übernächsten Woche ausgesetzt sein werden. Wenn sich Aufsichtsratschef Pierer nicht aus dem Prüfungsausschuss zurückziehe, will die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) erreichen, dass ihm die Entlastung ganz verweigert wird. „Die Chancen stehen nicht schlecht“, sagt der Sprecher des Aktionärsverbands, Jürgen Kurz. Es müsse verhindert werden, dass Pierer im Prüfungsausschuss frühzeitig von internen Ermittlungsergebnissen Kenntnis erhalte. „Dieser Interessenkonflikt ist mit Händen zu greifen“, sagt Kurz. Die Nachricht von den Ermittlungen gegen Pierers Vertrauten Neubürger sei alarmierend. „Das stärkt die Stellung von Herrn von Pierer nicht. Aber auch für ihn muss gelten, dass er bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig zu gelten hat.“

Neubürger sieht sich den Vorwürfen, ein Mitwisser gewesen zu sein, zu Unrecht ausgesetzt. „Ich muss um meinen guten Ruf kämpfen, obwohl ich mich mein ganzes Berufsleben lang dafür eingesetzt habe, dass unser Geschäft sauber und ordentlich gehandhabt wird“, hat er erst vor einem Monat gesagt. Auch während der ersten Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft hat er seine Unschuld beteuert.

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