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Wirtschaft: Die Elpro AG auf einem neuen Kurs

Berliner Elektroholding künftig auf drei Geschäftsfeldern tätig / Millionenauftrag von GazpromVON ALFONS FRESE BERLIN.Abris Lelbach spricht von "Bodenbildung", das Unternehmen sei "strategisch neu positioniert".

Berliner Elektroholding künftig auf drei Geschäftsfeldern tätig / Millionenauftrag von GazpromVON ALFONS FRESE

BERLIN.Abris Lelbach spricht von "Bodenbildung", das Unternehmen sei "strategisch neu positioniert".Der freie Fall der Elpro AG ist also gestoppt, Vorstand Lelbach jedenfalls gibt sich optimistisch.In diesen Tagen wird der Verkauf der Bereiche Metallurgie und Baustoffe mit rund 70 Mitarbeitern an den US-Konzern General Electric besiegelt, weitere Verkäufe sind möglich.Sehr viel bleibt dann nicht übrig von dem ehemaligen VEB Elektroprojekt und Anlagenbau Berlin.Gegenwärtig zählen die fünf verbliebenen Unternehmensbereiche noch rund 350 Mitarbeiter; kurz nach der Wende, zur Jahresmitte 1990 waren etwa 5800 Mitarbeiter bei Elpro beschäftigt.Die "Fortführungsgesellschaften", so nennt Vorstand Lelbach die Bereiche, die überlebten, hätten keine größeren Bankverbindlichkeiten, die Eigenkapitalquote der AG sei hoch, bis auf die Elektroenergie- und Kommunikationsanlagenbau GmbH würden alle Töchter im laufenden Jahr mindestens ausgeglichene Zahlen erreichen.Nach vielen Rückschlägen scheint die Sanierung offenbar geglückt. Das sah vor einigen Monaten noch anders aus.Als Lelbach am 1.Oktober 1996 bei Elpro anfing, "habe ich die Schwierigkeiten nicht kommen sehen".Ein "enormer Avalbestand" - auftragsbezogene Bankbürgschaften - von 40 Mill.DM allein im Bereich Grundstoffindustrie war aufgelaufen.Aufgrund eines "Controlling-Fehlers" erhöhten sich die Verluste für 1996 unerwartet um zehn Mill.DM, weitere zehn Mill.für Personalabbau - rund 100 Mitarbeitern wurde in diesem Jahr gekündigt - waren nicht eingeplant."Und so hatten wir plötzlich einen Liquiditätsbedarf von rund 20 Mill.DM", blickt Lelbach zurück.Es wurde eng. In Gesprächen mit Banken, dem Senat, Gewerkschaften und der BvS bemühte sich Lelbach um eine Lösung.Mit Erfolg: Die vom Bund und dem Land Berlin verbürgten 36 Mill.DM an Bankkrediten plus 29 Mill.DM BvS-Darlehen flossen wieder, die gesperrten Kreditlinien wurden geöffnet.Hinzu kam ein Rangrücktritt der BvS, gewissermaßen eine Art Verzichtserklärung für die von der BvS ausgereichten Mittel für den Konkursfall.Gewerkschaften beziehungsweise Arbeitnehmer beteiligten sich an der Rettungsaktion per Lohnverzicht.Die in der ostdeutschen Metallbranche mögliche Härtefallregelung wurde verlängert, die Elpro-Mitarbeiter bekommen nun 85 Prozent des Tariflohns."Sehr kooperativ" habe sich die IG Metall "in Sinne der Erhaltung der Arbeitsplätze verhalten", lobt Sanierer Lelbach.Im Sommer 1992 hatte die Treuhand den früheren DDR-Monopolbetrieb im Elektroanlagenbau an die Investorengruppe Eêkardt, Emans, Schossleitner & Partner, allesamt ehemalige McKinsey-Manager, übergeben.Und es sah zunächst gut aus.1993 stieg der Umsatz der Gruppe, die sich damals auf die Bereiche Leit- und Energietechnik sowie auf technische Gebäudeausrüstungen konzentrierte, um 30 Prozent auf 305 Mill.DM; 1994 wurden sogar 350 Mill.DM erlöst, mit rund 1700 Mitarbeitern.Die Gesellschafter träumten vom Börsengang.Dann kam der Rückschlag."Für den Ausflug in die Gebäude- und Versorgungstechnik hat Elpro ein sehr hohes Lehrgeld gezahlt", sagt Lelbach im Rückblick.Der Bereich wurde geschlossen.Von den Gesellschafter ist nur noch Emans übriggeblieben, der heute mit seiner Ehefrau die AG-Anteile hält. Die Umstrukturierung unter Lelbach basiert auf einigen bitteren Erfahrungen und Erkenntnissen.Zum einen kann der Mittelständler Elpro in Bereichen wie der Grundstoffindustrie nicht mit Siemens und ABB konkurrieren, also Rückzug aus dem Geschäftsfeld, Verkäufe unter anderem an General Electric.Kapitalintensive Verlustprojekte wie die eletrotechnische Ausrüstung einer Zementfabrik in Saudi-Arabien waren für Elpro ebenso eine Nummer zu groß wie Walzwerke für den Magdeburger Anlagenbauer Sket oder Stahlwerke für MAN Gutehoffnungshütte."Das Programm, das wir uns jetzt vornehmen, ist mehr das nationale Geschäft, denn das entspricht unserer mittelständischen Struktur", so Lelbach.Ausnahmen bestätigen die Regel.Beim Ausbau von Nahverkehrssystemen in Polen oder Rußland wollen die Berliner dabeisein. Von den derzeit fünf Bereichen werden wahrscheinlich drei unterm Elpro-Dach bleiben.Die Fertigung mit derzeit rund 40 Beschäftigten soll ausgegliedert werden, "sofern sie betriebswirtschaftlich tragfähig ist".Dazu zählt Lelbach im übrigen auch die Ausbildung.Elpro ist traditionell einer der größten Ausbildungsbetriebe Berlins, im Moment lernen etwa 50 Jugendliche im Unternehmen.Um dieses Volumen trotz der vielen Verkäufe und Stillegungen beibehalten zu können, wird die Ausbildung auf die gemeinnützige "Qualifizierungsgesellschaft Energie und Umwelt" übertragen, eine Tochter des Berliner Anlagenbauers KAB.Und schließlich wird die Elektroenergie- und Kommunikationsanlagenbau GmbH, mit 58 Mitarbeitern im Gebäudemanagement und der Elektromontage tätig, wohl bald die Gruppe verlassen.Lelbach sucht jedenfalls einen "industriellen Partner". Dann bleiben noch ganze drei Bereiche: Die Elpro Verkehrstechnik GmbH, die Elpro Prozeßindustrie und Energieanlagen GmbH und die Elpro Elektroenergieanlagen GmbH.Die Verkehrstechnik gliedert sich in Bahnstrom und Fahrleitungsbau und erreicht in diesem Jahr mit 75 Mitarbeitern voraussichtlich einen Umsatz von 51 Mill.DM, das Ergebnis soll ausgeglichen sein.Zum 30.September hatte die Verkehrstechnik einen Auftragsbestand von rund 90 Mill.DM.Die Sparte Bahnstrom speist zum Beispiel Gleichstrom in S-Bahn-Gleise ein und ist da "führend in Deutschland", wie Lelbach sagt.Der Fahrleitungsbau ist auf Fernverkehrstrassen für die Deutsche Bahn tätig; in einer Nische, denn diesen Markt dominieren Siemens und Adtranz.In der Prozeßindustrie - Elektroinstallationen und Steuerungssysteme für Kraftwerke, Gasspeicher und Kläranlagen - sollen im laufenden Jahr 73 Mitarbeiter einen Umsatz von 27 Mill.DM erwirtschaften.Auch hier hofft Lelbach auf eine schwarze Null am Ende dieses Jahres und Gewinn im nächsten.Immerhin: In der vergangenen Woche unterschrieb Elpro die erste Tranche eines Gazprom-Auftrags in Höhe von 4,2 Mill.DM; insgesamt beträgt das Vertragsvolumen mit dem russischen Energieriesen rund 12 Mill.DM.Für das Klärwerk Aschaffenburg erhielt Elpro vor einigen Wochen einen Aufrag für rund 5,5 Mill.DM. Bleibt noch die Elpro Energieanlagen GmbH.Das Unternehmen mit zuletzt 104 Mitarbeitern soll in diesem Jahr 19 Mill.DM umsetzen, Hauptkunden sind die Energieversorgungsunternehmen.Zuletzt gab es einen Zehn-Millionen-Auftrag für das Kraftwerk Lippendorf.Insgesamt, faßt Lelbach die Erwartungen zusammen, soll der Umsatz der in der AG zusammengefaßten Unternehmen im "Fortführungsbereich" 124 Mill.DM betragen, im nächsten Jahr dann "etwas mehr".Von einer Börseneinführung spricht Lelbach nicht.Zu viele Träume sind bei Elpro in den vergangenen sechs Jahren geplatzt.

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