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Wirtschaft: Die europäischen Börsen bleiben unbewegt - Wirtschaftskreise erwarten Fortsetzung des Regierungskurses

Die russischen Märkte haben am Montag schockiert auf die Entlassung des Ministerpräsidenten Sergej Stepaschin reagiert. Der russische Rubel und der Moskauer Aktienmarkt reagierten mit deutlichen Kursverlusten auf die Entlassung des Premiers durch Präsident Boris Jelzin.

Die russischen Märkte haben am Montag schockiert auf die Entlassung des Ministerpräsidenten Sergej Stepaschin reagiert. Der russische Rubel und der Moskauer Aktienmarkt reagierten mit deutlichen Kursverlusten auf die Entlassung des Premiers durch Präsident Boris Jelzin. Der RTS-Aktienindex verlor zunächst mehr als zehn Prozent seines Wertes vom Freitag, erholte sich aber im Laufe des Tages wieder. Die deutsche Börse ließ sich vom russischen Markt nicht beeindrucken: Der Deutsche Aktien-Index Dax trotzte den Nachrichten und schloß im Plus.

Zum Auftakt des Handels war der Index um mehr als zehn Prozent eingebrochen. Dabei gab es einen lebhaften Handel: Der Umsatz war mit 17 Mill. Dollar (31,2 Mill. DM) höher als an den Vortagen. Der Rubel verlor im Handel zwischen Banken dramatisch. Er sackte um 74 Kopeken auf 25,29 Rubel je Dollar (Freitag: 24,55 Rubel je Dollar). An Wechselstellen wurden sogar bis zu 26 Rubel für einen Dollar verlangt. Den offiziellen Euro-Kurs erhöhte die Zentralbank um 71 Kopeken auf 27,10 Rubel je Euro. Experten warnten für Dienstag vor einer weiteren Schwächung der russischen Währung. Finanzminister Michail Kasjanow versicherte, dass es zu keiner drastischen Abwertung des Rubels kommen werde.

Dabei konnte die Zentralbank am Montag im Handel zwischen Banken einen Kurseinbruch nur mit Dollarverkäufen verhindern. Nach Einschätzung von Experten warf die Notenbank bis zu 130 Mill. Dollar auf den Markt. Der Rubelkurs war zum Auftakt des Handels bis auf 25,9 Rubel je Dollar gefallen. Die Zentralbank gab am Montag offiziell bekannt, dass ihre Gold- und Devisenreserven im Juli um 231 Mill. Dollar auf 11,92 Mrd. Dollar zurückgingen.

Russische Unternehmensaktien verloren in Moskauer Handel zwischen fünf und 25 Prozent ihres Werts. Papiere des Gaskonzerns Gasprom konnten anfängliche Kursverluste von mehr als 13 Prozent größtenteils wettmachen. Sie wurden zum Marktschluss bei rund vier Rubel (0,30 DM) etwa vier Prozent leichter als am Freitag gehandelt. Aktien der Aeroflot ermäßigten sich um fast sieben, Anteilscheine der Ölgesellschaft Lukoil gaben um gut sieben, Papiere der Stromkonzerns EES Rossii um fast zehn Prozent nach.

Besonders stark wurden Papiere regionaler Energieversorger und Ölproduzenten getroffen. Aktien von Kubanenergo (Südrussland) brachen um 26,5 Prozent ein, die von Surgutneftegas (Sibirien) um rund zwölf Prozent.

Doch die Wirtschaftspolitik Russlands wird sich nach Einschätzung von Analysten nach der Entlassung von Ministerpräsident Sergej Stepaschin kaum ändern. Analysten bewerteten die überraschende Entlassung des Regierungschefs am Montag durch Präsident Boris Jelzin als rein politischen Schritt, der sich weder auf den wirtschaftlichen Kurs noch auf die Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Russland erst im letzten Monat einen Kredit über 4,5 Mrd. Dollar genehmigt hatte, auswirken dürfte. Präsident Jelzin hatte Ministerpräsident Stepaschin am Montag überraschend entlassen und Geheimdienstchef Wladimir Putin als Nachfolger und darüber hinaus als künftigen Präsidenten vorgeschlagen.

Analysten gehen davon aus, dass Putin, der wie sein Amtsvorgänger über keinen wirtschaftlichen Hintergrund verfügt, den vorsichtigen Reformkurs Stepaschins fortsetzen wird. Darauf deuten auch erste Äußerungen des designierten Regierungschefs hin, der einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax zufolge ankündigte, er plane keine größeren personellen Veränderungen im Kabinett. Zudem wolle er diejenigen im Amt belassen, die derzeit für die russische Finanzpolitik zuständig seien.

Die Kurseinbrüche am Aktien- und Devisenmarkt nannten Analysten vorübergehend. Die Märkte hätten das erwartet und seien an derartige Ereignisse gewöhnt. "Diese Art der politischen Umbildungen sind für die Märkte schon fast so etwas wie Tradition", sagte ein Analyst eines westlichen Investmenthauses.

Ausserdem dürfe man nicht vergessen, "dass wir uns bereits in einer Art Vor-Wahl-Phase befinden", sagte der Analyst. Dies sei im wesentlichen ein politischer Schritt, wobei die Wirtschaftspolitik nach innen und nach außen hin blieben, wie sie seien. Die Märkte hätten zwar auf den Wechsel reagiert, eine mögliche weitere Anhebung des US-Zinsen Ende dieses Monats sähen sie aber als wesentlich bedeutenderen Faktor.

Die deutschen Finanzmärkte zeigten sich von den Vorgängen in Russland wenig beeindruckt. Der Deutsche Aktien-Index Dax schloss mit 5087,30 Punkten - 76,83 Zähler über dem Stand vom Freitagabend. "Ministerpräsidenten in Russland kommen und gehen", hieß es in einer Frankfurter Bank. Mittlerweile habe man verstanden, dass in Russland das "blanke Chaos" herrsche, hiess es. Ein anderer Händler sagte, ein negativer Einfluss sei nicht direkt zu erwarten. Der Markt sei allerdings ohnehin angeschlagen.

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