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Wirtschaft: Die FDP schlägt sich auf die Seite des DGB

Wissenschaftler, Gewerkschafter und Politiker streiten um Kürzungen im öffentlichen Dienst

Berlin. Dieter Wiefelspütz bleibt in Deckung. „Ich warte ab, was der Bundesrat macht“, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Es geht um die Berliner Initiative zur Einführung einer Öffnungsklausel, mit der die Beamtenbesoldung gekürzt werden könnte. Der DGB hat errechnet, dass sich Abstriche bei den Bezügen, beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf bis zu 18 Prozent summieren könnten. Im schlimmsten Fall würde sich also das Jahreseinkommen eines Beamten um fast ein Fünftel reduzieren. Wird der Bundestag nachziehen, wenn der Bundesrat dafür ist? Der SPD-Innenpolitiker Wiefelspütz äußerte sich am Mittwoch auf der beamtenpolitischen Tagung des DGB in Berlin. „Auch im Bundestag“, so Wiefelspütz, „wird es eine Willensbildung geben.“ Die Koalitionskollegin Silke Stokar von den Grünen ist da schon weiter - und ehrlicher. „Wenn es einen mehrheitlichen Beschluss des Bunderates gibt, dann wird es auch eine Mehrheit im Bundestag geben“, sagt Stokar.

Zwei Tage hatten sich Beamte, Wissenschaftler, Gewerkschafter und Politiker im Schöneberger Rathaus mit dem Thema „Dienstrecht im Wettbewerb - Beamtinnen zwischen Reform- und Kürzungspolitik“ beschäftigt. Der Rahmen der Diskussion war von den Haushaltspolitikern vorgegeben worden: Angesichts der Kassenlage wollen die Arbeitgeber in den aktuellen Tarifverhandlungen eine Nullrunde für die rund 4,8 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst durchsetzen; und mit der Öffnungsklausel will das Pleite-Land Berlin die Einheitlichkeit der Beamtenversorgung knacken - und hat dabei Sachsen an seiner Seite.

Bedrohliche Kulisse

Alles in allem zieht also eine bedrohliche Kulisse für die Staatsdiener auf. Und fast scheint es unumstritten, dass es „Kürzungen geben muss“, sagt Hans Peter Bull, Vorsitzender der NRW-Kommission zur Zukunft des öffentlichen Dienstes. Aber es gibt ja noch die FDP. Max Stadler, beamtenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, plädiert für die einheitliche Besoldung; Öffnungsklauseln seien eine „Ermächtigung, die Bezüge zu kürzen“. Überhaupt werde in der gegenwärtigen Debatte der Eindruck erweckt, „als bestünde eine Überversorgung der Beamten – das ist falsch“, sagt Stadler und überrascht mit einem Bekenntnis: Was den öffentlichen Dienst anbelangt, stehe die FDP an der Seite des DGB.

Wo die SPD steht, ist schwer auszumachen. Nicht nur wegen Dieter Wiefelspütz. Die politischen Vorstellungen von Fritz Rudolf Körper, Staatssekretär im Bundesinnenministerium, sind ähnlich verworren wie die Besoldungssysteme im öffentliche Dienst. Auf der einen Seite sagt Körper, „es geht nicht um Leistungskürzungen“ und bedankt sich bei den Beamten für die „verdienstvolle Arbeit“. Auf der anderen Seite plädiert er für Öffnungsklauseln nach privatwirtschaftlichem Vorbild und erwähnt die Möglichkeit, in ostdeutschen Industriebranchen die Zahlung des Weihnachtsgeldes auszusetzen.

„Modernisierung des öffentlichen Dienstes heißt schlicht Kürzungen“, sagt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Konrad Freiberg kritisiert die Finanzpolitik der rot-grünen Regierung, vor allem die Steuererleichtungen für große Kapitalgesellschaften. Die Konzerne „kassieren die Steuernachlässe und machen sich dann vom Acker“. Zurück bleiben die Beschäftigten, auch die Polizisten. „Wir sollen dann die Löcher stopfen.“

Silke Stokar von den Grünen will weg von den Löchern und betont die grundsätzliche Notwendigkeit einer „strukturellen Reform des öffentlichen Dienstes“ – gemeinsam mit den Beschäftigten und ihren Gewerkschaften, denn „ein Gegeneinander können wir uns nicht leisten“.

Das meint Dieter Wiefelspütz auch. Angesprochen auf Pläne Hans Eichels, wonach auch der Bund seinen Bediensteten das Weihnachtsgeld kürzen will, sagt der innenpolitische Sprecher der SPD, „ich werde der Sache nachgehen“

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