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Wirtschaft: Die Glaubwürdigkeit des IWF steht auf dem Spiel

NEW YORK .Aus dem Internationalen Währungsfonds kommen Töne, die man von einem Mohamed Mahathir gewohnt ist.

NEW YORK .Aus dem Internationalen Währungsfonds kommen Töne, die man von einem Mohamed Mahathir gewohnt ist.Als Malaysia vor zwei Jahren in die Klemme geraten war, erhob der Premierminister den amerikanischen Spekulanten George Soros zum Sündenbock.Jetzt behauptet der stellvertretende IWF-Chef Stanley Fischer in einem Interview, "wir hätten es in Rußland geschafft, wenn es George Soros und seinen Ruf nach einer Abwertung nicht gegeben hätte".Solche Ablenkungsmanöver überzeugen nicht mehr.Die Milliardensummen, mit denen der Fonds Reformen durchsetzen will, haben weder in Indonesien noch in Rußland eingeschlagen.Kritiker meinen sogar, der IWF verschlimmere die Lage in den krisengeschüttelten Ländern."Killt der IWF seine Patienten?" fragte diese Woche das amerikanische Nachrichtenmagazin "Time".Angesichts der politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Erschütterungen in Rußland und der anhaltenden Asienkrise ist die Frage verständlich.Die Steuerzahler der 182 Mitgliedstaaten fragen sich zu Recht, was aus den Milliardensummen geworden ist, die der Fonds in seine Reformprogramme gepumpt hat.Rußland beispielsweise hat der IWF Anfang des Sommers als Teil eines ambitiösen Rettungsprogramms fast 23 Mrd.Dollar zugesagt.Die Voraussetzungen für einen Erfolg galten von vornherein als gering.Korruption, Kapitalflucht und mangelnde fiskalische Disziplin kennzeichnen das Land.Schlimmer noch: Die Banken und andere Transfer-Mechanismen sind hilflos, IWF-Gelder in produktives Wachstum umzuwandeln.Dennoch hat der IWF die Kapitalspritze verabreicht und bestand gleichzeitig auf dramatischen Reformen.

Rußland ist nicht der einzige Fall.Seit Ende 1997 hat der IWF annähernd 100 Mrd.Dollar für Beistandsprogramme in Thailand, Südkorea und Indonesien gepumpt.Keine der Währungen Asiens ist hierdurch stabil genug geworden, um die Wirtschaften der Region aus ihren tiefen Rezessionstälern herauszuführen.Sicher kann man den IWF nicht für alle Probleme verantwortlich machen.Als Ratgeber und letzter Retter in Not ist jedoch seine Glaubwürdigkeit angeschlagen.Gegründet wurde der IWF nach dem Krieg, um Ländern mit kurzfristigen Zahlungsbilanzproblemen innnerhalb eines an den Dollar geknüpften Systems fester Wechselkurse zu helfen.Statt sich auf seinen ursprünglichen Auftrag zu konzenrieren, zwang der Fonds seinen Patienten strukturelle und institutionellen Reformen auf.Das ist neu.Als Lateinamerika in den achziger Jahren in eine Schuldenkrise hineingeraten war, handelten Bankenkonsortien mit den betroffenen Regierungen Umschuldungspakete aus.Der IWF überwachte diese Verhandlungen lediglich und beteiligte sich mit bescheidenen Summen.

Mit dem Kollaps der Sowjetunion und der Befreiung ihrer osteuropäischen Satelliten begann für den IWF ein neues Kapitel.Da Beamte, Bankiers und Volkswirte in diesen Ländern keine Erfahrung mit der Marktwirtschaft hatten, konnte der IWF auf vielen Ebenen aktiv werden.In jüngster Zeit hat der IWF seine in Osteuropa und der Sowjetunion benutzte Strategie auf Südostasien und Korea übertragen: Wer den IWF um Beistand anruft, muß fundamentale Strukturveränderungen durchführen.Dabei sind die Verhältnisse in Asien und in der Sowjetunion und Osteuropa grundverschieden.Experten wie der Harvard-Professor Martin Feldstein sagen, der IWF sollte zu seinem ursprünglichen Mandat zurückkehren, anstatt das ambitiöse Ziel zu verfolgen, diesen Ländern den Zugang zu den globalen Finanzmärkten zu öffnen.Vor allem müsse der IWF der Versuchung widerstehen, Währungskrisen dazu zu benutzen, fundamentale Strukturreformen zu erzwingen, schreibt der Professor in "Foreign Affairs".Feldsteins Kritik geht auch an die Adresse der einlußreichsten IWF-Mitglieder, nämlich an die USA, Japan und Deutschland.Der IWF müsse dem Druck dieser Länder widerstehen, ihre Interessen zur Voraussetzung von IWF-Kreditkonditionen zu machen.Angesichts der Debakel in Rußland und Asien scheint sich der IWF die Kritik zu Herzen zu nehmen.Der Fonds ist toleranter geworden.Er erlaubt sogar, daß einige Schuldner Asiens ihre Auslandskredite nicht auf Heller und Pfennig zurückzahlen."Der Fonds bewegt sich in die richtige Richtung, aber im Schneckentempo", sagt Steven Radelet, Volkswirt am Harvard-Institut für Internationale Entwicklung.

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