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Wirtschaft: Die goldenen Reserven des Theo Waigel

Dem Dementi zum Trotz: Nicht ohne Grund nimmt der Bundesfinanzminster an der Sitzung des Zentralbankrates teilVON ROLF OBERTREISBundesfinanzminister Theo Waigel ist ein Fuchs.Natürlich verkauft er die Goldschätze der Bundesbank nicht.

Dem Dementi zum Trotz: Nicht ohne Grund nimmt der Bundesfinanzminster an der Sitzung des Zentralbankrates teilVON ROLF OBERTREIS

Bundesfinanzminister Theo Waigel ist ein Fuchs.Natürlich verkauft er die Goldschätze der Bundesbank nicht.Insofern konnte er entsprechende Meldungen am Donnerstag morgen prompt und eindeutig zurückweisen.Den Goldschatz der Bundesbank knabbert der Finanzminister trotzdem an: Indem nämlich die dicken Reserven der Frankfurter Notenbank nicht mehr wie bisher zu Niedrigstkursen, sondern zum viel höheren aktuellen Marktkurs bewertet werden.Die Folge: Der Gewinn der Bundesbank schwillt gewaltig an und dieses Geld fließt bekanntlich in die Taschen des Bonner Finanzministers. Entschieden ist angeblich nichts und gesagt wird offiziell auch nichts.Es ist aber klar, daß Waigel in erster Linie wegen des Goldes am Donnerstag an der Sitzung des Zentralbankrates in Frankfurt teilnahm.Der Finanzminister braucht einen Teil der Bundesbank-Schätze, um seine immer größeren Haushaltslöcher zu stopfen und die Vorgaben für die Währungsunion erfüllen zu können.Sollte er auf den Gewinn schielen, käme ihm dieses Geld aber erst im Frühjahr 1998 zugute.Allerdings könnte man eine entsprechende Vereinbarung über die Neubewertung des Goldes vorher festschreiben oder gar eine Sonderausschüttung der Bundesbank veranlassen, die im Bundesbankgesetz nicht geregelt ist - aber vielleicht noch wird.Zumindest verlautete am Donnerstag Nachmittag aus dem Zentralbankrat prompt, der Minister habe eine Änderung der Bilanzierungs-Regel im Bundesbank-Gesetz vorgeschlagen. In jedem Fall hat die Bundesbank hat einiges zu bieten: 2954 Tonnen Gold lagern in ihren Tresoren - genauer gesagt sind sie bei der US-Notenbank in Fort Knox deponiert.Es sind 95 Mill.Unzen Feingold, bewertet mit einem Preis von 144 DM je Unze was bereits den stolzen Betrag von 13,7 Mrd.DM ergibt.Tatsächlich ist der Schatz viel mehr wert, weil die Bundesbank ihre Reserven zum historisch niedrigsten Kurs bewertet.Am Donnerstag wurde die Feinunze zu knapp 590 DM gehandelt, damit besitzt das Bundesbank-Gold einen Marktwert von rund 56 Mrd.DM.Freilich kann sich das von Tag zu Tag änder.Bereits haben die Spekulationen um den möglichen Verkauf der Goldbestände zu spürbarem Preisdruck geführt.Schon am Mittwoch meldeten die Händler in New York Abgabedruck; eine Folge aufkommender Nervosität, die sich am Donnerstag auch an Europas Hauptumschlagplätzen, London und Zürich, bemerkbar machte. Nun kann der Finanzminister einen triftigen Grund für die Neubewertung der Reserven anführen: Die künftige Europäische Zentralbank (EZB).Denn die Reserven der einzelnen Notenbanken sollen zumindest zum Teil auf die EZB übertragen werden.Viel spricht dafür, daß dies beim Gold auf der Basis des Marktwertes passiert, weil andere Notenbanken ihre Reserven nach diesem Prinzip bewerten.Rund 41 Md.DM könnten so bei der Bundesbank "gehoben" werden und Waigel zum Teil noch in diesem Jahr aus der Patsche helfen.Ob es wirklich so viel werden könnte, ist unwahrscheinlich.Aber auch ein Teil würde dem Finanzminister schon helfen.Fest steht aber, daß der Bundesbank diese Aktion nicht gefallen kann.Für sie ist das Gold aus prinzipiellen, vor allem aus stabilitätspolitischen Gründen stets unantastbar gewesen.Mitte April noch betonte Bundesbank-Präsident Hans Tietmeyer: "Es ist die Position der Bundesbank wie auch der Bundesregierung, daß Goldverkäufe nicht stattfinden sollen".Zwar wird das Edelmetall nicht direkt abgestoßen, aber es wird "aktiviert", was einem Verkauf gleichkommt.Damit setzen sich Waigel und Tietmeyer auch in Widerspruch zu ihrer Position, die sie seit Jahren vertreten, wenn es um Schuldenerleichterungen für die Entwicklungsländer geht.Während andere Länder dafür auch auf die Goldbestände des Internationalen Währungsfonds zurückgreifen wollen, lehnen dies die Deutschen, wie erst jüngst wieder bei IWF-Frühjahrstagung Ende April in Washington, strikt ab.Wenn es um die eigenen Finanzen geht, gilt diese Vorgabe auf einmal nicht mehr. Analysten in Frankfurt schütteln denn auch den Kopf.Die Hebung der Goldreserven sei eine fragwürdige "Einmalaktion" zur Minderung des Staatsschulden und damit auch zur Reduzierung des Haushaltsdefizits.Die "Aktivierung" der Goldbestände wäre ein Schritt, vor dem die Bundesbank auch die anderen europäischen Staaten immer wieder gewarnt hat.Denn eine solche Aktion hat für die Staatsfinanzen der folgenden Jahre keinerlei Bedeutung.Der Bund verkauft lediglich ein weiteres Stück seines Tafelsilbers, um die Hürden für die Währungsunion zu meistern. Andere Länder wie Belgien oder Holland hingegen haben sich bereits von ihrem Gold getrennt.300 Tonnen machte Den Haag 1996 nach Angaben von Experten locker, gut 200 Tonnen die belgische Zentralbank.Daß man auch über die Verwendung des Goldschatzes der Bundesbank diskutieren könne, halten Frankfurter Banker für durchaus legitim.Schließlich könne man sich durchaus fragen, ob 55 Mrd.DM quasi ungenutzt in den Tresoren der Bundesbank schlummern sollen.Nur eines macht stutzig: entsprechende Anläufe von Gewerkschaften oder von SPD-Politikern, das Geld etwa zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu nutzen, wurden von Bonn und der Bundesbank stets kategorisch abgelehnt.

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