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Wie der Wind weht: Griechische Flaggen vor dem Parlament in Athen. Die Griechen sind souverän, müssen aber die Konsequenzen targen.

© EPA/Simela Pantzartzi /dpa

Die Griechen entscheiden: Nach den Regeln spielen - oder raus aus dem Euro

Es war, ist und bleibt das Recht der Griechen, sich eine Regierung zu wählen, die mehr Geld für alle verspricht und Konfrontation statt Hilfe sucht. Nur müssen sie jetzt über die Konsequenzen nachdenken. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Kevin P. Hoffmann

Die wievielte „Krisensitzung“ der Euro-Finanzminister war das am Montag? In einer Dauerkrise verliert man leicht den Überblick. Die Wirtschafts- und Währungspolitik dreht sich so schnell, dass einem schwindelig werden kann – speziell in einer Woche, in der unsere gemeinsame Zentralbank ein für diese Breiten beispiellos großes Experiment beginnt: Von nun an pumpt die EZB jeden Monat 60 Milliarden Euro in den Währungsraum, auch in der Hoffnung, irgend ein Unternehmer möge sich ein paar Millionen zinsgünstig leihen und damit irgendetwas Sinnvolles anfangen. Neue Jobs schaffen – zum Beispiel. Niemand kann garantieren, dass das klappt.

Gegen Verwirrung hilft meistens: einen Schritt zurücktreten, den Blick neu auf das Problem richten. Wie sieht es aus?

Da ist ein kleines Land am Rande der EU, ein Land mit einer Tradition als Produzent von Agrar-Erzeugnissen, in dem auch Tourismus wichtig ist. Ein Land, in dem gewählte Politiker fahrlässig handelten, als sie zumindest billigend in Kauf nahmen, wie die lokalen Banken ihre Kernaufgaben vernachlässigten und lieber im globalen Finanzcasino mitzocken wollten. Das ging schief. So musste das Land Hilfe seiner Partner in EU und Übersee beantragen und im Gegenzug Sparauflagen erfüllen. Das hieß: Sozialleistungen streichen, neue Steuern eintreiben. Das war nicht schön, es tut bis heute weh: in Irland. Ganz ähnlich in Portugal.

Was soll man in diesen Ländern über die Griechen denken, die derzeit offenbar nicht einmal bereit sind, ein paar Grundregeln der Zusammenarbeit zu akzeptieren? Zum Beispiel eine, die so alt ist wie das Bankensystem, das sich in Europa seit dem 13. Jahrhundert entwickelt hat: Geld gibt es gegen Sicherheiten. Oder zumindest gegen einen verlässlichen Plan. Das ist nicht zu viel verlangt.

Die neue Links-Rechts-Regierung in Athen aber stellt lieber permanent die Systemfrage. Sie sucht und findet Verbündete aus dem linken wie rechten Lager, die der populären These folgen, bei den Kreditverhandlungen könne man auch über Deutschlands angebliche Rolle als Hegemon und die deutsche Austeritätspolitik abstimmen. Das kann man aber nicht. Denn eine Verknüpfung dieser Themen bringt Athen zwar ein wenig Zeit, verhindert aber eine Lösung. Je länger Europa sich auf diese Debatte einlässt, desto stärker werden die Zentrifugalkräfte. Lassen Kreditgeber jetzt locker, fliegt alles auseinander, weil dann natürlich auch Dublin, Lissabon, Rom, Madrid und Paris Zugeständnisse durchsetzen müssten, wollen sie Volksaufstände verhindern.

Es ist legitim, dass sich Kommissionspräsident Juncker als Anwalt der kleinen Länder versteht, er muss den Laden zusammenzuhalten. Dass er sich am Wochenende aber mit dem Satz „Es wird niemals einen Grexit geben“ zitieren lässt, ist unverantwortlich. Der Satz klingt wie eine Garantie, die er selbst aber nicht geben kann. In dieser Frage hat der Luxemburger kein Mandat.

Ob die Griechen im Euro bleiben, entscheiden die Griechen am Ende selbst. Und das Ende ist nah. Die Griechen sind souverän. Es war ihr Recht, sich eine Regierung zu wählen, die mehr Geld für alle verspricht, eine, die in der EU Konfrontation statt Hilfe sucht. Es ist nun ihre Pflicht, über die Konsequenzen nachzudenken: Also über einen koordinierten Ausstieg aus dem Euro – oder ein Festhalten an der Gemeinschaftswährung. Dann aber nach den Regeln der Gemeinschaft.

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