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Wirtschaft: "Die Großen wollen uns verdrängen" - Hajo Hoffmann, Chef des Deutschen Städtetags, über Preisdumping auf dem liberalisierten Markt

Hajo Hoffmann (54) ist Präsident des Deutschen Städtetages. Mit ihm sprach Heike Jahberg.

Hajo Hoffmann (54) ist Präsident des Deutschen Städtetages. Mit ihm sprach Heike Jahberg.

Herr Hoffmann, Sie warnen vor einem massenhaften Sterben der Stadtwerke. Der Chef des Verbandes der kommunalen Unternehmen, Felix Zimmermann, meint dagegen, die Stadtwerke könnten beim Preiskampf auf dem Strommarkt gut mithalten. Was stimmt denn jetzt?

Beides. Wir haben einige Stadtwerke, die den Preiswettkampf ohne weiteres durchhalten, und andere, die das nicht tun. Man kann nicht alle 500 Stadtwerke über einen Leisten scheren.

Welche müssen aufgeben?

Die Stadtwerke, die bisher gerade mal schwarze Zahlen geschrieben haben, werden erhebliche Schwierigkeiten haben. Dasselbe gilt für Stadtwerke, die die nötigen Strukturanpassungen versäumt haben. Die müssen die Modernisierung jetzt entweder schnell nachholen, oder sie gehen unter. Und dann müssen Sie auch noch unterscheiden zwischen den Stadtwerken, die ihren Strom zu einem großen Teil selber erzeugen und denen, die Strom von anderen kaufen.

Für Letztere ist der Preisverfall doch ein Segen . . .

Ja, denn sie können Billigstrom am Spotmarkt kaufen. Aber die Stadtwerke, die ihren Strom selber erzeugen, stehen vor gravierenden Problemen.

Weil ihr Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung teurer ist als der Konkurrenzstrom aus Müllverbrennung oder Atomkraftwerken?

Ja. Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung ist nicht ohne weiteres wettbewerbsfähig. Man braucht eine aufwendige Infrastruktur. Diese Stadtwerke müssen jetzt sehr genau rechnen.

Und notfalls ihre Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen dichtmachen?

Einige Städte überlegen bereits, ob sie ganze Wärmesysteme abwerfen. Gerade wenn Investititionen anstehen. Damit ist aber das Ziel, das man bisher verfolgt hatte, nämlich eine klimaschonende Art der Wärme- und Stromerzeugung, vom Tisch.

Was halten Sie von dem Vorschlag, per Gesetz eine bestimmte Quote für die Kraft-Wärme-Kopplung festzulegen?

Die Idee ist vernünftig. Eine solche Quote würde der Kraft-Wärme-Kopplung eine echte Chance im Wettbewerb verschaffen. Aber ob eine solche Regelung politisch durchsetzbar wäre, wage ich zu bezweifeln. Letztlich kommt es darauf an, ob sich die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegenüber dem Bundeswirtschaftsminister durchsetzen. Der Minister glaubt, dass den Stadtwerken schon ausreichend damit geholfen wäre, wenn man ihnen ihre verlorenen Investitionen ersetzt. Aber das ist doch gar nicht das Thema.

Sondern?

Das Thema ist: Wie kann das ökologisch kluge Ziel der Kraft-Wärme-Kopplung und wie können umweltfreundliche Energien wie Windkraft oder Solarenergie in einer Wettbewerbslandschaft aufrecht erhalten werden?

Scheuen Sie den offenen Wettbewerb?

Nein, der Wettbewerb ist eine positive Entwicklung. Er zwingt uns dazu, überkommene Strukturen aufzubrechen und uns Klarheit über die Kosten zu verschaffen. Der Wettbewerb ist für die Kommmunen eine Herausforderung.

Aber viele Kommmunen betrachten ihre Stadtwerke als Goldesel und unterhalten mit den Stromgewinnen den Nahverkehr oder die Schwimmbäder.

Das ist eine sehr vordergründige Diskussion. Schauen Sie sich doch mal die großen Stromkonzerne wie RWE oder Preussenelektra an, was denken Sie, was dort alles quer subventioniert wird!

Aber jetzt kommen diese Konzerne mit Preisen, die deutlich unter den Ihren liegen.

Ja, weil sie Überkapazitäten haben und weil sie hoffen, mit Dumpingpreisen die lästige Konkurrenz der Stadtwerke los zu werden. Sie können derzeit am Spotmarkt Strom für drei Pfennig pro Kilowattstunde kaufen, das ist doch nicht kostendeckend.

Aber mit Ihrer Quersubventionierung treiben Sie Ihre eigenen Preise in die Höhe.

Wenn man keine Quersubventionierung will, dann muss man andere Finanzierungsquellen auftun. Nehmen Sie den öffentlichen Nahverkehr. Der ist immer ein Minusgeschäft. Wir müssen ihn subventionieren, weil die Menschen, die auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind, sonst für Bus oder Bahn Preise wie im Taxi zahlen müssten. Entweder wir subventionieren den Nahverkehr über die Strompreise, über neue Schulden oder andere Quellen. Aber: Wer gegen eine Quersubventionierung ist, soll uns bitteschön sagen, woher wir das Geld nehmen sollen.

Das Kartellamt hat signalisiert, es würde einer Fusion der Stadtwerke aufgeschlossen gegenüber stehen. Aber die Stadtwerke würden sich nicht zusammenschließen, weil die Kommunalpolitiker nicht auf ihre Posten verzichten wollen.

Wenn wir diese Tradition heute noch betreiben würden, wären wir nicht wettbewerbsfähig. In einem solch schwierigen Markt brauchen Sie qualifizierte Manager und keine Leute mit passendem Parteibuch. Im übrigen gibt es doch bereits Zusammenschlüsse. Die Stadtwerke kalkulieren ganz klar: Schaffen wir es alleine oder brauchen wir strategische Allianzen? Die Frage, ob man irgendwelche Kommunalpolitiker unterbringen muss, mag in den 70er Jahren eine Rolle gespielt haben, heute ist sie aber völlig irrelevant. Wir können uns keine Pflaumen an der Spitze der Stadtwerke leisten.

Herr Hoffmann[Sie warnen vor einem massenhaften S]

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