zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Die Heuschrecke als Arbeitgeber

Finanzinvestoren schaffen laut einer Studie eine Million Stellen. 2007 erwartet die Branche große Käufe

Frankfurt am Main – Die überwiegend angelsächsischen Finanzinvestoren sind nicht nur zu einer Macht an den Kapitalmärkten aufgestiegen, sie sind mittlerweile auch ein bedeutender Arbeitgeber geworden. Laut einer Studie der Managementberatung A.T. Kearney haben die Private-Equity-Häuser in den vergangenen vier Jahren in Europa mehr als eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen. Mittlerweile würden durch Beteiligungskapital über die erworbenen Unternehmen mehr als sechs Millionen Arbeitsplätze in Europa finanziert, mit steil ansteigender Tendenz.

Private Equity steht für außerbörsliches Beteiligungskapital. Dabei sammeln die Finanzinvestoren beiPensionskassen, Versicherungen und Stiftungen hohe Milliardensummen an Kapital ein. Damit kaufen sie Konzernteile und Mittelständler, um sie zu restrukturieren. Nach zwei bis fünf Jahren werden die Firmen dann meist zu einem höheren Preise wieder weiterverkauft oder an die Börse gebracht.

In den vergangenen fünf Jahren wurden in Europa für die Beteiligungsfonds 194 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, davon sind laut A.T. Kearney 165 Milliarden Euro investiert. In Deutschland ist danach der Wert der Transaktionen zwischen 2002 und 2005 von sieben Milliarden auf fast 30 Milliarden Euro gestiegen. Das zu Ende gehende Jahr wird aller Voraussicht nach für die Branche wieder in jeder Hinsicht neue Rekorde bringen, nicht zuletzt wegen der günstigen Kredite der Banken, mit denen die Investoren rund 80 Prozent des Kaufpreises finanzieren.

Ihr Image als gefräßige Heuschrecken sind die Finanzinvestoren dennoch leid. „Trotz seiner Größe und zunehmenden Bedeutung als Wirtschaftsfaktor wird Private Equity in der öffentlichen Diskussion nach wie vor sehr skeptisch oder negativ wahrgenommen“, sagte Jürgen Rothenbücher, Leiter der europäischen Abteilung für Fusionsstrategien bei A.T. Kearney. „Ein klassisches Vorurteil in unseren Köpfen ist das von habgierigen, skrupellosen Investoren, die ihre Rendite auf Kosten von Firmenwerten und Arbeitsplätzen maximieren“, erklärte Rothenbücher. Schlechte Beispiele wie das des Armaturenherstellers Grohe würfen ein schlechtes Licht auf alle Investoren. Der sauerländische Traditionsbetrieb wurde in fünf Jahren gleich zwei Mal an Investoren verkauft. Wegen des Schuldenbergs, den die neuen Herren im Haus hinterlassen haben, und der hohen Renditeziele musste Grohe sogar Arbeitsplätze abbauen.

Kurz vor Weihnachten haben die Private-Equity-Häuser noch einmal die Muskeln spielen lassen. Die Finanzinvestoren Kohlberg Kravis Roberts (KKR) und Permira kaufen für gut drei Milliarden Euro die Senderkette Pro Sieben Sat 1, und der amerikanische Beteiligungsfonds Cerberus schnappte sich nach einem heftigen Bietergefecht das viertgrößte österreichische Kreditinstitut, die gewerkschaftseigene Bawag. Am gestrigen Montag meldete der britische Investor HgCapital den Kauf des schwäbischen Spielzeugherstellers Schleich, der unter anderem durch seine Schlumpffiguren bekannt geworden ist.

Eine Umfrage des „Handelsblatt“ unter großen Private-Equity-Häusern zeigt, dass die Beteiligungsmanager 2007 mit einem unverändert hohen Mittelzufluss in ihre Fonds rechnen. „Ich schätze, dass es auch in 2007 bis zu acht große Transaktionen in Deutschland geben wird“, sagte Thomas Krenz, Deutschland-Chef von Permira. In den kommenden Jahren werde sicher auch ein Dax-Konzern von Finanzvestoren angesprochen. Rainer Magold, Akquisitionsexperte bei der Kanzlei Milbank, Tweed, Hadley & McCloy, rechnet 2007 mit bis zu 15 Milliarden-Deals im kommenden Jahr im deutschsprachigen Raum.pk(HB)/AFP

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false