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Wirtschaft: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“

Von Jürgen Zurheide, Düsseldorf Bei Babcock Borsig hängt jetzt alles von der Zustimmung der Banken zu einem Rettungskonzept ab. Die Politiker versuchen alles: schließlich hängt auch ihr Erfolg von der Rettung der Arbeitsplätze ab.

Von Jürgen Zurheide, Düsseldorf

Bei Babcock Borsig hängt jetzt alles von der Zustimmung der Banken zu einem Rettungskonzept ab. Die Politiker versuchen alles: schließlich hängt auch ihr Erfolg von der Rettung der Arbeitsplätze ab. So taktierte Wolfgang Clement auch am Donnerstag geschickt. Kurz vor 17 Uhr war es wieder einmal so weit. Die Herren Banker hatten die Faxnachrichten aus ihren jeweiligen Zentralen gelesen und alle Beteiligten wussten: Das Ende der Verhandlungen naht. Wolfgang Clement unterdrückt seine Wut. Wenn es nun keine Bewegung mehr gebe, wirft er in die Runde, dann nehme er jetzt den Aufzug und trete vor die seit Tagen vor der Staatskanzlei wartenden Journalisten. „Und dann erzähle ich denen die Wahrheit und sage, wer dafür verantwortlich ist, dass 22000 Arbeitsplätze geopfert werden.“ Einen Moment herrscht betretenes Schweigen und dann bitten die Banker um erneuten Aufschub. „Die wussten genau, dass sie in diesem Fall schlechte Karten haben“, erzählt einer, der mit Clement am Tisch gesessen hat.

Zu diesem Zeitpunkt kauert Harald Schartau in Oberhausen auf dem Podium der Luise Albertz Halle und gibt sich große Mühe, den verschiedenen Rednern zu folgen. Die SPD hat ihre Kommunalpolitiker in eine der letzten sozialdemokratischen Bastionen an der Ruhr eingeladen und selbst der Kanzler hat sich angesagt. Die Gedanken des Landesvorsitzenden der SPD schweifen immer wieder ab. Mal denkt er an die Kumpel, die im Babcock Werk an der Duisburger Straße genauso wie er auf die erlösende Nachricht aus der Landeshauptstadt warten. Dann wieder hat er jenes Szenario im Kopf, von dem sie in der Nacht zuvor geträumt hatten. Da glaubten sie, sich mit den Banken auf eine Rettung des Konzerns verständigt zu haben; von den benötigten rund 700 Millionen Euro fehlten gerade einmal 40 Millionen.

Diese Summe, so spekulierten sie am Mittwochabend, müsste eigentlich im Laufe des Donnerstags zusammenkommen. Für diesen Fall sollte Wolfgang Clement als Retter der 22000 Babcock-Mitarbeiter vor die Presse treten und sich dann im Werk Oberhausen feiern lassen. Der Kanzler wäre bewusst nicht gekommen, um niemandem Gelegenheit zu geben, die alten Bilder von der Holzmann Rettung aus den Archiven zu holen; denn inzwischen hat sich gezeigt, dasssein Einsatz damals nur wenig gebracht hat.

Die Banken feilschen um jede Mark. Der Verkauf der HDW Anteile durch den früheren Babcock-Chef Klaus Lederer, der sich vorher zusagen ließ, den gut dotierten Chefsessel der Werften zu übernehmen, hat den gesamten Konzern in die Schieflage gebracht. HDW hatte dank erheblicher Anzahlungen auf noch nicht gelieferte Schiffe Liquidität nach Oberhausen gepumpt, wo man angesichts langer Bauzeiten von Kraftwerken und hoher Konventionalstrafen, wenn man nicht pünktlich liefert, schon seit Jahren knapp bei Kasse ist. Der HDW-Deal hat Babcock am Ende mehrere hundert Millionen Euro gekostet, weil HDW auf Rückzahlung der Vorschüsse bestanden hat. „Davon hat der uns nie etwas erzählt“, empört sich Betriebsrat Dieter Janßen. Im Aufsichtsrat muss Lederer noch im März behauptet haben, die Liquidität reiche bei weitem aus und die Banken zögen mit. „Der hat uns alle verkauft“, schimpft Janßen. Für ihn ist in weniger als zwei Wochen eine fast heile Welt zerbrochen. „Doch die Hoffnung stirbt zuletzt“, macht er sich Mut.

Allerdings: „Es gibt einige Banken, die uns gerne zerschlagen würden“, sagt Janßen. Wolfgang Clement weiß es inzwischen auch. Immer wenn er glaubt, jetzt ein tragfähige Lösung gefunden zu haben, schiebt irgendeiner neue Bedingungen nach; meistens sind das die Herren der Commerzbank oder der Bayrischen Hypo-Vereinsbank. Nicht zuletzt die Münchener, so argwöhnt man an der Ruhr, täten alles, um einen Erfolg von Clement und Schröder zu verhindern.

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