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Ein ICE 2 nach der Renovierung - außen schön angemalt, unter der "Haube" arbeitet zum Teil alte Technik.

© dpa

Neue Klimaanlagen: Die Kälte im ICE 2 kommt mit Verspätung

Nach dem Hitzechaos in einigen ICE 2 der Deutschen Bahn im vergangenen Sommer sollte alles besser werden. Doch die neuen Klimaanlagen vertragen sich nicht mit der Technik der betagten Schnellzüge.

Berlin - Es sei wie in der Sauna gewesen, berichtete ein Schüler hinterher. Draußen brannte die Sonne auf das Dach des ICE, innen machte plötzlich die Klimaanlage schlapp. Binnen kurzer Zeit erreichte die Temperatur in den Waggons die 50-Grad-Marke, Fenster ließen sich nicht öffnen. Mehr als zwei Dutzend Jugendliche kollabierten, Panik machte sich breit. Fast hundert Sanitäter mussten die Passagiere versorgen, nachdem der Zug endlich gestoppt worden war.

Das war im heißen Juli 2010. Schon bald stellte sich heraus, dass die Klimaanlagen vieler ICE 2 der Gluthitze nicht gewachsen waren und das Zugpersonal sie auch noch falsch bedient hatte. Unter dem PR-Desaster leidet die Bahn noch immer. Doch die Behebung des Kälteproblems gestaltet sich schwieriger als gedacht. Seit November werden die Züge nach und nach in der Werkstatt Nürnberg generalüberholt. Eigentlich sollten bei der Gelegenheit völlig neue Anlagen eingebaut werden, die auch jenseits der 40 Grad funktionieren. Die Bahn und die Industrie sind aber auf erhebliche Probleme gestoßen. „Wir können noch keine neuen Klimaanlagen einbauen“, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube am Dienstagabend beim Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Vorerst werden nun die alten Klimaanlagen nur aufgearbeitet.

Mit der Generalüberholung der 44 ICEs dieser Baureihe für 120 Millionen Euro sollten eigentlich alle Probleme beseitigt sein. Die alten Geräte der Züge, die seit 1996 fahren, waren nur bis zu einer Temperatur von 32 Grad ausgelegt. Doch die Ingenieure befürchten, dass der erhöhte Strombedarf von leistungsfähigeren Klimaanlagen die Elektrik im gesamten Zug durcheinander bringen könnte und im schlimmsten Fall andere Systeme versagen. Erst in den nächsten Tagen werde man mit dem Lieferanten Liebherr das Problem lösen und die nötigen Teile bestellen können, sagte ein Bahn-Sprecher. Der Konzern will keinesfalls noch einmal ein so katastrophales Erscheinungsbild abgeben wie im Juli und jedes Risiko ausschließen. Ab wann die neuen Geräte verbaut werden, ist aber noch unklar.

Müssen die Kunden deshalb nun bei der ersten Frühlingswärme wieder mit kollabierenden Klimaanlagen rechnen? Die Bahn wiegelt ab. An den Zügen, die bislang in der Werkstatt waren, sei man nicht untätig gewesen, heißt es. Die Software der Klimaanlage sei verbessert worden, außerdem habe man einige Teile ohne Eingriffe in die Elektrik verändert. Nun sollen die betagten Apparate immerhin 38 Grad schaffen. Sobald man das Elektrik-Problem in den Griff bekommen habe, würden die schon modernisierten Züge einfach noch einmal in die Werkstatt gerufen – dann bekommen auch sie eine völlig neue Klimaanlage. „Das betrifft vielleicht eine Handvoll Züge“, versichert der Bahn-Sprecher.

Der Schock im Staatskonzern über das Hitzechaos sitzt indes noch immer tief. Kurz nach der Klimaanlagen-Panne vom Juli hatte ein Fernseh-Witzbold Bahn-Chef Grube öffentlich ein Handtuch überreicht – „für die beste Saunaidee 2010“. Solche Peinlichkeiten wollen die Eisenbahner ihrem Chef unbedingt ersparen. Man habe für den Klimawandel vorgesorgt, versprechen die Bahn-Leute. Die ICEs, die Siemens nächstes Jahr liefert, sollen mit 42 Grad Hitze fertigwerden, die völlig neu konstruierte Nachfolge-Baureihe für die IC-Züge sogar mit 45 Grad. Carsten Brönstrup

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