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Wirtschaft: Die Kommunen suchen nach neuen Geldquellen Im Sommer steht eine Reform

der Gemeindefinanzen an

Von Antje Sirleschtov

Deutschlands Städte und Kommunen brauchen mehr Geld. Und die nachlassende Handlungsfähigkeit der Kommunen spüren die Bürger. Leistungen werden eingeschränkt, Angebote der Städte ausgedünnt und Investitionen in Infrastruktur bleiben aus. Pläne zur Revitalisierung der Kommunalfinanzen gibt es seit Jahren und die Bürgermeister zeigen sich findig, wenn es darum geht, zu sparen, umzuschichten und neue Geldquellen aufzutun.

Dennoch reicht es nicht. „Die anhaltende Geldnot wirft Fragen über das Gesellschaftsmodell an sich auf“, beschreibt Bautzens Oberbürgermeister Christian Schramm die Lage. „Die Menschen finden immer weniger Belege für das Funktionieren der Demokratie“. Ursache ist, dass im föderalen Sozialstaat viel mehr Aufgaben auf die Kommunalebene zukommen, als mit den ihr zukommenden Einnahmequellen bewältigt werden können. Ein Beispiel ist die Sozialhilfe. Einst als Fürsorgepflicht der Städte für einige Wenige gedacht, verschlingt sie jetzt große Teile der Kommunalbudgets. „Wir können das nicht mehr bezahlen“, sagt Schramm.

Bis zum Sommer soll eine mit allen gesellschaftlichen Kräften besetzte Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen Auswege aufzeigen. Einigen sich die Beteiligten, dann könnte das Ergebnis im Herbst im Bundestag und -rat beraten und vielleicht zum Jahresende in Gesetze gegossen werden.

Bislang steht ein Konsens von Bund, Ländern, Kommunen, Arbeitgebern und Gewerkschaften jedoch noch aus. Zankapfel ist die Gewerbesteuer – die traditionelle Steuer der Kommunen. Gezahlt wird sie nur von Unternehmen, bemessen am Gewerbeertrag. Wo konjunkturbedingt Unternehmen Verluste machen oder aufgeben, brechen den Kommunen die Einnahmen jedoch weg. Und wo sie zum Beispiel durch öffentliche Bauaufträge kleine Betriebe nicht unterstützen können, droht die Ausdünnung der Unternehmenslandschaft.

Die Industrie schlägt deshalb eine Abschaffung der Gemeindesteuer vor. Die Steuer sei zu stark konjunkturabhängig und daher kein modernes Mittel, um dauerhafte Finanzierungssicherheit für die Städte zu liefern. Statt dessen sollen die Kommunen berechtigt werden, Hebesätze auf Körperschafts- und Einkommenssteuer legen zu dürfen und sich so zu finanzieren. Vorteil: Beide Steuerarten fließen kontinuierlich und unterwerfen die Kommunen damit keiner allzu starken Belastung, wenn die Wirtschaft schwächelt. Zudem würden auch Bürger offensichtlicher zur Finanzierung ihrer örtlichen Infrastruktur herangezogen. Zwar fließen schon jetzt Teile der Einkommensteuer in die Kommunalkassen. Doch ein unterschiedliches Hebesatzrecht würde den Bürgern (und auch den örtlichen Politikern) ein stärkeres Kosten-Nutzen-Gefühl geben. Die Nachteile dieses Modells liegen vor allem in der politischen Situation. Nachdem die Körperschaftssteuereinnahmen nach der Steuerreform Ende der 90er Jahre stark eingebrochen sind, trauen die Kommunen dieser Lösung nicht. Und sowohl SPD-Politiker wie Gewerkschafter fragen sich außerdem, wie man der Öffentlichkeit den Wegfall einer Steuer erklären kann, wo doch jeder die Finanzlage der Kommunen täglich sieht. Zumal Rot-Grün im öffentlichen Verdacht steht, Kleinverdiener zugunsten der Unternehmen mit immer mehr Abgaben zu traktieren.

Das Gegenmodell, favorisiert von Kommunen, Gewerkschaften, Sozialdemokraten aber auch Teilen der Wirtschaft und Union sieht eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer vor. Die Kommunen erhalten demzufolge das Recht, von Freiberuflern und Selbstständigen Gewerbesteuer einzuziehen. Die können diese Belastung dann als Ausgaben bei der Einkommensteuer geltend machen. Das Modell wäre also eine offensive Umverteilung der Steuereinnahmen von Bund und Ländern hin zu den Kommunen. Mehrbelastungen für die Freiberufler, sagen Experten, werde es nur in solchen Städten geben, deren Hebesätze bei der Gewerbesteuer jenseits von 360 bis 370 Punkten liegen. Dann wächst deren Abgabenlast. Auch Zinsen und Leasingraten sollen nach dem als Düsseldorfer Modell bekannten Plan mit zur Errechnung des Gewerbeertrages herangezogen werden.

Erste Hinweise, welchem Modell sich die Kommission im Frühjahr nähern will, soll es bereits Anfang Februar geben. Dann liegen den Mitgliedern die Ergebnisse einer Modellrechnung für 200 deutsche Kommunen vor. Und wenn die Berechnungen ergeben, dass den Städten und Gemeinden weder mit dem einen noch mit dem anderen bisher diskutierten Modell spürbare finanzielle Entlastung ins Haus steht? Dann könnte eine Erhöhung der Grundsteuer auf Immobilien zur Deckung der Lücke herangezogen werden. Dagegen sperren sich die Beteiligten nicht grundsätzlich.

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