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Wirtschaft: Die Märkte sind um Normalität bemüht

Der Schock der Anschläge wirkte nur kurz, aber Unsicherheit und Angst prägen die Börsen/Ölpreis rutscht kurzzeitig ab

Frankfurt am Main/London/Berlin Die Serie von Bombenanschlägen in London mit vielen Toten und Verletzten hat den europäischen Börsen am Donnerstag einen Schock versetzt – wenn auch nur kurzzeitig. Der Deutsche Aktienindex (Dax) brach kurz nach 10 Uhr um fast vier Prozent auf 4444 Punkte ein, erholte sich bis zum Abend aber wieder auf 4530 Zähler (minus 1,85 Prozent). Die Märkte in London und Paris verloren zunächst zwischen drei und vier Prozent. Auch die US-Börsen eröffneten im Minus, die befürchteten Kursstürze blieben aber aus.

Die anfängliche Reaktion der Finanzmärkte auf Terroranschläge halte meist nicht lange an, hieß es bei den großen Investmentbanken. Bereits am Nachmittag hatte sich die Situation an den Aktienmärkten wieder normalisiert. Auch waren die Kursrutsche zuvor nicht so heftig gewesen, wie etwa nach dem Bombenattentaten in Madrid im vergangenen Jahr oder dem 11.September 2001 in New York. Nach den Madrider Anschlägen am 11. März 2004 verlor der Dax 3,5 Prozent. Auf das Attentat in New York reagierte der Dax mit einem Minus von 8,5 Prozent. Doch selbst der 11. September, der die Welt politisch veränderte, hatte im Nachhinein betrachtet auf die Finanzmärkte nur kurzfristige Auswirkungen.

Gold und der Euro verteuerten sich. Der Euro sprang zwischenzeitlich über die Marke von 1,20 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs schließlich auf 1,1957 (Mittwoch: 1,1913) Dollar fest. Unmittelbaren Handlungsbedarf sah die EZB am Donnerstag allerdings nicht und ließ die Zinsen wie erwartet unverändert. Der EZB-Rat entschied auf seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause in Frankfurt am Main, den wichtigsten Leitzins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld bei 2,0 Prozent zu halten. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet erklärte, er habe mit dem Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan, und dem Chef der Bank of England, Mervyn King, gesprochen. „Gegenwärtig liegen uns keine Informationen vor, die ein Handeln erfordern würden“, sagte er. Nach den Anschlägen in New York hatten die Notenbanken die Leitzinsen gesenkt.

Der Ölpreis rutschte von seinen erst am Morgen erreichten Rekordständen ab. In New York fiel die Notierung für ein Barrel (159 Liter) zwischenzeitlich auf 57,20 Dollar – ein Minus von mehr als vier Dollar. Doch schon am Nachmittag stieg der Preis wieder und lag bei 60,45 Dollar. Helmut Buchmann, Experte des Fachdienstes Oil Market Report, sagte dem Tagesspiegel, eine Korrektur beim Ölpreis habe nach dem starken Anstieg der vergangenen Tage ohnehin angestanden. Die Anschläge von London hätten nicht die entscheidende Rolle gespielt, auch wenn die Preisschwankungen ungewöhnlich groß gewesen seien.

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) versicherte in Berlin, die G7-Finanzminister behielten die Reaktionen der Märkte im Auge. Die Kursausschläge seien nicht überraschend, die Weltwirtschaft werde aber nicht aus den Fugen geraten. Das Münchner Ifo-Institut geht ebenso nur von kurzfristigen Auswirkungen auf Börsen und Konjunktur aus.

Michael Fiedler von der Commerzbank sieht für die nächste Zeit zwar eine gewisse Verunsicherung, wies aber darauf hin, dass nach den Anschlägen von Madrid schon binnen vier Wochen die Börsen wieder auf dem Niveau von vorher waren. „Sofern jetzt weitere Anschläge in anderen Metropolen ausbleiben, kann ich mir vorstellen, dass das sogar noch schneller geht.“ Auch Claudia Windt von der Landesbank Hessen-Thüringen hält die ökonomischen Folgen der schrecklichen Ereignisse in London für begrenzt, obwohl das nach New York weltweit zweitwichtigste Finanzzentrum getroffen worden ist.

Auffällig war jedoch das große Handelsvolumen am Donnerstag. Das signalisierte Nervosität. In Frankfurt wurden mehr als doppelt so viele Aktien umgesetzt wie an normalen Handelstagen. Unter Druck standen Versicherungs-, Touristik- und Luftfahrt-Aktien. dr/hop/ro/HB

Vor allem Aktien der Versicherungs-, Verkehrs- und Reise-Unternehmen gehörten am Donnerstag zu den Verlierern am deutschen Aktienmarkt.

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