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Wirtschaft: „Die Mischung von Staat und Privat muss stimmen“ Rentenexperte Bert Rürup über den besten Weg, das Alter zu finanzieren

Herr Rürup, für ihr Alter sollen die Menschen zusätzlich zur gesetzlichen Rente privat vorsorgen. Ist das auch bei der Pflege und im Gesundheitswesen vernünftig?

Herr Rürup, für ihr Alter sollen die Menschen zusätzlich zur gesetzlichen Rente privat vorsorgen. Ist das auch bei der Pflege und im Gesundheitswesen vernünftig?

Grundsätzlich ist private Vorsorge immer dann sinnvoll, wenn die abzusichernden Lebensrisiken typischerweise mit dem Alter gehäuft auftreten. Dies gilt in erster Linie für die Renten und Pflegeversicherung, in abgeschwächter Form aber auch für die Krankenversicherung. Die demographischen Veränderungen werden dazu führen, dass vor allem die umlagefinanzierten Systeme Finanzierungsprobleme bekommen werden. Die Folge werden Leistungskürzungen oder aber Beitragserhöhungen sein. Auf beide Eventualitäten kann sich der Einzelne durch private Vorsorge einstellen. Aber: Auch das Kapitaldeckungsverfahren ist nicht unabhängig von demographischen Veränderungen.

Die Riester-Rente stößt bislang auf wenig Resonanz. Ist es falsch, den Bürgern die Entscheidung zu überlassen, ob sie privat vorsorgen?

Bislang haben etwa fünf Millionen Menschen geförderte Vorsorgeverträge in Form von Riester-Renten oder als Betriebsrenten abgeschlossen. Ich halte das für eine durchaus erfolgreiche Markteinführung. Außerdem betreiben viele Menschen individuelle oder betriebliche Altersvorsorge ohne staatliche Förderung. Eine Diskussion über eine obligatorische Zusatzvorsorge ist deshalb verfrüht. Das heißt nicht, dass wir die weitere Entwicklung nicht aufmerksam verfolgen sollten. Eine andere Frage ist, ob den Menschen die Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge ausreichend bekannt ist.

Ist die private Vorsorge der Königsweg, um die Probleme in den sozialen Sicherungssystemen zu bewältigen?

Wenn es überhaupt so etwas wie einen „Königsweg“ gibt, dürfte er in einem Nebeneinander von solidarischer umlagefinanzierter und ergänzender privater Absicherung liegen. Die noch vor einigen Jahren zu hörende Forderung nach einer vollständigen Umstellung auf Kapitaldeckung ist verstummt. Auch hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass kapitalgedeckte Systeme zwar unempfindlicher gegenüber demographischen Veränderungen sind, dabei aber mit anderen Risiken behaftet sind. Es geht im Wesentlichen darum, ein optimales „Mischungsverhältnis“ zwischen Kapitaldeckung und Umlagefinanzierung zu ermitteln. Finanzielle Nachhaltigkeit, der soziale Ausgleich und die Generationengerechtigkeit müssen unter einen Hut gebracht werden.

In welchen Bereichen ist die private Vorsorge notwendig und wo stößt sie an Grenzen?

Private Vorsorge ist in erster Linie in der Rentenversicherung notwendig. Allerdings stößt sie dort an ihre Grenzen, wo die Überforderung einer „Sandwich“-Generation droht. Finanzierungsumstellungen in der Sozialen Sicherung können nur behutsam vorgenommen werden. Derartige Reformen müssen langfristig angelegt sein. Den Menschen muss reiner Wein eingeschenkt werden. Private Vorsorge funktioniert nur, wenn Klarheit über deren Notwendigkeit besteht.

Wird es für die Versicherten billiger oder teurer, wenn sie Leistungen privat absichern?

Private Vorsorge ist in der Regel kapitalgedeckte Vorsorge. Wenn man davon ausgeht, dass in der längeren Frist die Rendite der Kapitaldeckung höher ist als im Umlageverfahren, dürfte die private Absicherung in der Tat „billiger“ ausfallen.

Das Gespräch führte Cordula Eubel.

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