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Wirtschaft: „Die Nachfrage der Wirtschaft wird steigen“

Bankenpräsident Müller über die Aussichten der Branche im neuen Jahr

Herr Müller, Sie sind jetzt seit fast zwei Jahren Bankenpräsident. Was haben Sie bisher erreicht?

Zwei Themen würde ich besonders hervorheben: Der mehr als zehn Jahre dauernde Streit über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ist beendet. Seit Sommer 2005 sind wir fairen Wettbewerbsbedingungen auf dem deutschen Bankenmarkt ein gutes Stück näher gekommen. Auch die Frage des Namensschutzes im Kreditwesengesetz ist entschieden. Die EU-Kommission hat – ganz in unserem Sinne – klargestellt, dass auch ein privater Erwerber einer Sparkasse den Namen weiterführen darf. Wir werden sehen, wie sich das bei der Privatisierung der Landesbank Berlin mit der Berliner Sparkasse auswirkt.

Wird es weitere Privatisierungen von Sparkassen geben?

Das sollten die Gemeinden im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung als Eigentümer entscheiden dürfen. Deshalb sollten die Länder die Sparkassengesetze ändern. Das Festhalten am starren deutschen Drei-Säulen-Modell verhindert eine nationale Konsolidierung und schwächt somit die Wettbewerbsposition des gesamten europäischen Bankensystems. Ich kann dem EZB-Präsidenten Jean-Claude Trichet nur zustimmen: Das deutsche Drei-Säulen-System steht im Widerspruch zum europäischen Finanzbinnenmarkt.

Wie sehen Sie die künftige Wettbewerbsfähigkeit der privaten deutschen Banken in Europa?

Die privaten Banken haben die schwierigen Jahre gut überstanden und sich neu aufgestellt. Auch die Ertragslage ist insgesamt besser geworden. Zu den international führenden Instituten aufschließen konnten wir aber noch nicht. Auch bei der Konsolidierung hinken wir hinterher. Unsere europäischen und amerikanischen Konkurrenten profitieren davon, dass bei ihnen die Weichen für einen effizienten Bankenmarkt viel früher gestellt worden sind. Wir sind somit in einer schlechteren Ausgangsposition.

Was erwarten Sie für das Geschäft der Privatbanken 2007?

Wir gehen zuversichtlich in das neue Jahr. 2006 war gut, und 2007 hat sicher das Zeug, noch ein Stückchen besser zu laufen. Wenn es keine politischen Krisen gibt, bin ich zuversichtlich, dass die Märkte sich ähnlich gut entwickeln wie im vergangenen Jahr.

Setzen Sie auf die Konjunkturerholung?

In gewisser Hinsicht ja. Die Erholung wird weitergehen, die Zahl der Arbeitslosen weiter sinken. Daher erwarte ich ein leichtes Anziehen der Kreditnachfrage seitens der privaten Haushalte. Erstmals wird aber auch die Nachfrage der Wirtschaft wieder steigen. Viele Unternehmen müssen investieren, wenn sie am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben wollen.

Wirkt sich denn der Rückgang der Arbeitslosigkeit auf das Bankgeschäft aus?

Ich gehe davon aus, dass wir einen Rückgang der Arbeitslosenzahl 2006 im Schnitt auf unter 4,5 Millionen erreicht haben. Für 2007 erwarte ich eine weitere Besserung. Das ist eine gute Nachricht. Aber kurzfristig wird sich das nicht bei den Banken bemerkbar machen. Menschen, die aus der Arbeitslosigkeit kommen, müssen zunächst wieder ihre finanziellen Verhältnisse ordnen. Erst mittelfristig wird sich das bessere Stimmungsbild positiv auf die Geschäftsmöglichkeiten der Banken auswirken.

Ist in der Finanzbranche wieder ein Stellenaufbau zu erwarten?

Ehrlich gesagt: nein. Die Einsparpotenziale vor allem im Back Office sind noch lange nicht ausgeschöpft. Und der Konkurrenzdruck einiger relativ neuer Wettbewerber, die weitaus stärker automatisiert und mit ihren Produkten standardisiert sind, wird eher steigen. Allerdings gibt es – zumindest bei der Commerzbank – derzeit keinen akuten Handlungsbedarf. Im Gegenteil: Wir stellen gerade 500 neue Mitarbeiter im Vertrieb ein.

Das Gespräch führten R. Benders, H.-J. Knipper und B. Ziesemer (HB).

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