zum Hauptinhalt

Wirtschaft: „Die nächsten Milliarden sind für uns“ Auch der öffentliche Dienst will 6,5 Prozent

Berlin - Die Tarifparteien im öffentlichen Dienst liegen weit auseinander – mit ihren Vorstellungen von Gehaltserhöhungen sowieso, aber auch beim Umgang mit Statistiken. So rechnet Verdi-Chef Frank Bsirske ganz anders als Thomas Böhle, Verhandlungsführer der Kommunen.

Berlin - Die Tarifparteien im öffentlichen Dienst liegen weit auseinander – mit ihren Vorstellungen von Gehaltserhöhungen sowieso, aber auch beim Umgang mit Statistiken. So rechnet Verdi-Chef Frank Bsirske ganz anders als Thomas Böhle, Verhandlungsführer der Kommunen. Bsirske zufolge kostet eine Tariferhöhung um 6,5 Prozent für die rund 2,1 Millionen Arbeitnehmer beim Bund und den Kommunen knapp sechs Milliarden Euro, davon entfallen 3,7 Milliarden auf die Kommunen. Böhle dagegen kommt auf sechs Milliarden allein bei den Kommunen. Eine Belastung in dem Umfang sei „angesichts der Rekordverschuldung vollkommen illusorisch und inakzeptabel“, kommentierte Böhle am Donnerstag die Forderung der Gewerkschaften.

Bsirske, Beamtenbundpräsident Peter Heesen sowie die Vorsitzenden der Gewerkschaften der Lehrer und der Polizisten hatten in Berlin ihren Wunschzettel für die im März anstehenden Tarifverhandlungen präsentiert: Im Monat mindestens 200 Euro oder 6,5 Prozent mehr; 100 Euro für die Azubis, die nach der Ausbildung übernommen werden und für die der Arbeitgeber künftig die Fahrtkosten zur Berufsschule tragen soll.

Bsirske und Heesen begründeten ihre Forderung vor allem mit der besonderen Situation im öffentlichen Dienst, der in den vergangenen zehn Jahren um alles in allem neun Prozent hinter der Einkommensentwicklung in der Privatwirtschaft zurückgeblieben sei. Das Tarifeinkommen einer Fachkraft sei in der Privatwirtschaft sogar um 20 Prozent stärker gestiegen als im öffentlichen Dienst. Die kommunalen Arbeitgeber rechnen wieder anders. Seit 2005 seien die Gehälter in ihrem Bereich um 10,2 Prozent gestiegen, die Einkommen aller Arbeitnehmer hierzulande aber nur um 9,6 Prozent.

Zur Überbrückung dieser Differenzen haben die Tarifparteien bislang drei Verhandlungstermine vereinbart, der letzte ist Ende März. Frühestens dann ist also ein Ergebnis zu erwarten. „Wir wollen aktiv werden für mehr Geld“, beschrieb Bsirske die Stimmung in Verwaltungen und Betrieben. Nachdem Milliarden für die Rettung der Banken ausgegeben wurden, „sind die nächsten Milliarden für uns“.

Beamtenbundchef Heesen führte den Personalabbau im zweistelligen Prozentbereich an, der im öffentlichen Dienst seit Jahren zu einer höheren Arbeitsverdichtung führe. „Wenn wir immer mehr Lasten zu bewältigen haben, dann müssen wir an der allgemeinen Einkommensentwicklung teilnehmen.“ Geld dafür sei im Übrigen leicht zu beschaffen: Wenn es hierzulande eine ähnliche Besteuerung von hohen Einkommen und Vermögen gebe wie im EU-Durchschnitt, brächte das 30 Milliarden Euro, rechneten die Gewerkschafter vor. alf

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false