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Wirtschaft: Die neue Abhängigkeit der Autokonzerne

FRANKFURT /MAIN .Erst Ford, dann Porsche?

FRANKFURT /MAIN .Erst Ford, dann Porsche? Wer wird der nächste sein, welchen großen Autobauer trifft demnächst der Bann eines Zulieferers, der die Teile nicht mehr ans Band schafft und damit die Autoproduktion lahmlegt? Fünf Jahre nach Lòpez, dem knallharten Ex-Einkaufschef von Volkswagen, sind im stets gespannten Verhältnis Autohersteller-Zulieferer offenbar nicht mehr die Autokonzerne, sondern die Teileproduzenten die Macht."Die Branche hat die Krise als Chance begriffen und genutzt.Das Pendel ist umgeschlagen", hat Rainer Thieme, Vizepräsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) und im Hauptberuf Chef des renommierten Auto-Zulieferers Karmann schon vor einem Jahr gesagt.Die zwischenzeitliche Entspannung zwischen den Konkurrenten ist sogar wieder einer konfliktträchtigen Lage gewichen.Hauptgrund: Den Dauer(preis)druck der Autokonzerne und die immer stärkere Verlagerung der Auto-Fertigung auf ihre Schultern haben die Zulieferer in den vergangenen Jahren nicht klaglos geschluckt, sondern zur eigenen Stärkung genutzt.Sie haben sich zusammengeschlossen, ihr Know How verbessert, ihre Innovationskraft gestärkt, sich auf einzelne Produkte konzentriert und eng an die Autohersteller angebunden.Wo heute ein neues Autowerk gebaut wird, siedeln sich - wie etwa bei der Mercedes-Fabrik für den Kleinstwagen Smart - zahlreiche Systemlieferanten direkt auf dem Werksgelände an.Längst geht es nicht mehr nur um einen Tacho oder einen Scheinwerfer.Ganze Armaturenbretter voll mit Hochtechnologie werden von Zulieferern entwickelt und gefertigt, zum Teil sogar am Band selbst eingebaut.Modul ist das Stichwort.Genau hier beginnt die neue Abhängigkeit: Fehlt das Armaturenbrett oder die Tür, kann das Auto nicht gebaut werden, die Bänder stehen still, der Umsatzausfall steigt schnell auf hohe zweistellige Millionenbeträge, so wie jüngst bei Ford und bei Porsche.

Verschärft wird dieses Problem durch zwei weitere Faktoren.Wurden früher die Teile von mehreren Lieferanten gekauft, gibt es heute nur noch einen.Dieses "Single sourcing" findet sich durchweg bei allen Herstellern.Zwar kommt damit der einzelne Zulieferer auf höhere Stückzahlen, womit niedrigere Preise möglich sind.Fällt er aber aus, läuft in der Autofabrik gar nichts mehr.Der andere Faktor: Das Lager der Autobauer steht schon seit Jahren praktisch auf der Straße, zum Teil auch auf dem Zug.Armaturenbretter oder Türsysteme werden "just in time" - also genau im Takt der Produktion - meist per Lkw direkt ans Band geliefert oder sogar ins Fahrzeug eingebaut, um Lagerkosten zu sparen.Klappt der Transport nicht oder streiken die Lkw-Fahrer, wie 1997 im Fall Opel, wird es an den Bändern ganz eng.Offen gibt das zwar kein Automanager zu, aber in den Konzernetagen in Wolfsburg, Stuttgart, Rüsselsheim oder Köln zerbricht man sich darüber mehr und mehr den Kopf.

VDA-Präsident Bernd Gottschalk weist auf ein weiteres Problem hin: In Zeiten einer boomenden Autonachfrage kann es schon deshalb schnell zu Engpässen kommen, weil die Zulieferer ihre Maschinen und Anlagen aus Kostengründen an der Kapazitätsgrenze laufen lassen, Zusatznachfrage kann nur mit Sondermaßnahmen realisiert werden.Neue Maschinen hinzustellen, die möglicherweise im nächsten Jahr nicht gebraucht werden, kann sich keine Firma leisten.

Das Preisdiktat der vergangenen Jahren erweist sich für die Autohersteller heute fast als Bumerang.Den Prozeß wieder umzudrehen ist schwierig.Denn die Zahl der Zulieferer sinkt weiter.Bei kleinen und mittleren Firmen ist die Kapitaldecke zu dünn, die Erträge zu mickrig.Die immer höheren Anforderungen der Autohersteller, hochversierte und umfangreiche Systeme zu entwickeln, können sie schon gar nicht erfüllen.Mehr und mehr kleine Zulieferer werden deshalb von großen Firmen geschluckt.Im Jahr 2010 soll es weltweit nicht mehr als 20 Mega-Lieferanten geben."So", hat VDA-Vizepräsident Thieme schon vor einem Jahr gesagt, "entstehen neue Abhängigkeiten, denen man sich als Einkaufschef eigentlich nicht ausgesetzt sehen will."

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