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Wirtschaft: Die neue Freiheit auf dem Strommarkt nutzen

BERLIN ."Der Trend wird dahin gehen, daß die Energieunternehmen mit mehr Strom handeln, als sie selbst benötigen: Einfach um gutes Geld zu verdienen.

BERLIN ."Der Trend wird dahin gehen, daß die Energieunternehmen mit mehr Strom handeln, als sie selbst benötigen: Einfach um gutes Geld zu verdienen." Das sagte der norwegische Stromhandelsexperte Björn Braaten im März dem Tagesspiegel.Norwegen ist eines der Länder, die weltweit die Stromliberalisierung am weitesten vorangetrieben haben.Auch in Deutschland neigen sich die Zeiten der Strommonopole dem Ende zu.Für Energieversorger und Großabnehmer bedeutet das: sich schnell für den freien Wettbewerb fit machen.

Die Beratungssparte der Berliner PSI AG hat dazu jüngst einen fast halbjährigen, sogenannten Labormarkt abgeschlossen.Die Mitarbeiter aus elf deutschen regionalen Stromversorgern haben dabei intensiv die Zukunft vorweggenommen und übers Internet mit Strom und Leitungskapazitäten gehandelt."Das war echte Arbeit für einen Haufen Leute", erinnert sich Barbara Wieler, die zum Team der sieben PSI-Betreuer gehörte.Jeder Spielteilnehmer mußte eigenständig wirtschaftlich im Auftrag seines virtuellen Konzens handeln.

Das Spielbrett existierte nur auf dem Computerbildschirm: Ein komplexes Stromnetz mit Leitungen und Netzknoten, an dem die Spielelemente Erzeuger, Verbraucher und Händler angebunden waren.Eine entscheidende Funktion im Stromhandel kam dem Händler zu.Dessen persönliche Kontakte waren im Wettbewerb von herausragender Bedeutung.Darüber hinaus zeigte sich, daß sich Verträge über das Internet abschließen lassen - mit zahlreichen Schwierigkeiten allerdings.Das Telefon, so das Fazit der PSI-Unternehmensberater, werde vom Internet auf absehbare Zeit nicht ersetzt.Die richtige Mischung aus lang-, mittel- und kurzfristigen Veträgen beschere den größten Erfolg am Markt, berichtet Wieler.Die Spielteilnehmer seien sich weitgehend einig gewesen, daß sie für die Zukunft umdenken müßten: "Der Markt wird weder fair noch gerecht sein", so die Bilanz der Unternehmensberaterin.Wegen der verhältnismäßig geringen Spielerzahl war die eingerichtete Strombörse nicht besonders liquide.Um auf Sicherheit zu setzen, hielten sich die Mitspieler stark an bilaterale Geschäfte.

Entschließt sich ein Unternehmen, an solch einer Simulation teilzunehmen, schlägt dies mit bis zu einer Viertelmillion DM zu Buche."Die Entscheidung geht deshalb immer vom Vorstand aus", sagt der PSI-Bereichsleiter Managementconsulting, Jürgen Schöneberger.Chefs betrachteten den Labormarkt als Qualifizierungsmaßnahme für ihre Mitarbeiter.Große Energieversorger würden bald eigene Handelsabteilungen gründen.Dazu müßten die Beschäftigten jetzt das nötige Rüstzeug bekommen.

Doch nicht nur für die Energieversorger ändert sich der Markt.Björn Braaten ist überzeugt, daß die Strombeschaffung für Unternehmen bald ein wichtiger Wettbewerbsfaktor sein wird.Deshalb hat PSI eine ganze Reihe von Stromhandels-Seminaren aufgelegt.Eine einwöchige Veranstaltung führt dabei nach Chattanooga, Tennessee.Die Tennessee Valley Authority gilt als eines der führenden US-Unternehmen im Stromhandel.Dort lassen sich die Veränderungen live miterleben."Die Leute, die dort heute mit Strom handeln, haben alle vor drei Jahren noch etwas ganz anderes gemacht", erzählt Barbara Wieler.Und das sollte auch deutschen Ingenieuren Mut machen.15 000 DM für eine Woche Praxisunterricht sollte das den Firmen dann wert sein.Im September soll übrigens die zweite Runde des Labormarkts starten.

JOACHIM HOFER

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