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Zu Besuch auf der Weide. Jochen Fritz (links) und Roland von Schmeling halten unter anderem Wasserbüffel.

© cne/Tsp

Die neue Landliebe: Wie eine Genossenschaft Jungbauern fördert

Wenn Landwirte in Rente gehen, kaufen oft Spekulanten die Betriebe auf – Jungbauern haben kaum eine Chance. Eine Genossenschaft will das ändern.

Von Carla Neuhaus

Man braucht keinen Hof, um Landwirt zu sein. Ein Fleckchen Erde reicht aus. Zum Beispiel acht Hektar im Wolfsbruch bei Werder. Vor zwei Jahren haben Jochen Fritz und Roland von Schmeling den Acker übernommen. Dass das Land sumpfig ist und je nach Jahreszeit stellenweise unter Wasser steht, war den beiden gleich. Sie suchten sich einfach Tiere, für die die feuchten Wiesen ideal sind. So kamen sie auf Wasserbüffel. An diesem Nachmittag liegen die Tiere im Schatten der Bäume und suhlen sich im Schlamm. Als Fritz und von Schmeling auf die Weide kommen, trotten die Büffel gemächlich auf sie zu, lassen sich von ihnen tätscheln. „Wir haben uns sofort in die Tiere verliebt“, sagt von Schmeling.

Er und Fritz sind Landwirte aus Überzeugung – haben beide aber bislang noch einen anderen Hauptberuf. Von Schmeling ist Kontrolleur für Biohöfe, Fritz leitet in Berlin eine Kampagne für mehr ökologische Landwirtschaft. Langfristig hoffen sie, dass zumindest einer von ihnen von der Arbeit auf dem Feld leben kann. Denn Landwirt zu werden, wenn es keinen Hof in der Familie gibt, ist nicht einfach. Und erst recht nicht billig.

Die Preise für Ackerboden sind kräftig gestiegen

In den letzten Jahren ist Ackerboden zunehmend zum Spekulationsobjekt geworden. Große Konzerne und Investoren kaufen das Land auf und treiben die Preise so in die Höhe. Über 13 000 Euro kostet eine Hektar Ackerboden in Brandenburg inzwischen – vor sieben Jahren zahlte man dafür noch weniger als die Hälfte. Gerade für diejenigen, die sich erst als Landwirte selbstständig machen wollen, ist das ein Problem. Auch deshalb nimmt die Zahl der Bauernhöfe in Deutschland beständig ab.

Einer, der gegen diesen Trend ankämpft, ist Uwe Greff. Er ist Vorstand der Bioboden-Genossenschaft: Sie kauft bewusst Ackerland auf, um es dem Zugriff der Großkonzerne zu entziehen und Kleinbauern wie Fritz und von Schmeling überhaupt erst eine Chance zu geben. „Boden ist keine Ware“, sagt Greff. Gibt ein Bauer seinen Betrieb auf, zum Beispiel weil er in Rente geht und keinen Nachfolger findet, kauft die Genossenschaft ihm das Land ab. Oft bewirtschaften Greff und seine Kollegen es dann zunächst selbst – bis sie jemanden finden, der sich als Landwirt selbstständig machen will. An ihn verpachten sie das Land dann. Ihre einzige Bedingung ist, dass er sich rein auf ökologischen Landbau beschränkt und sich einem Bioverband anschließt. Auf diese Weise sollen auch junge Leute eine Chance bekommen, die vom eigenen Hof träumen, aber nicht das Geld haben, um einen Betrieb samt Land zu kaufen. Wenn nötig, leiten Greff und seine Kollegen sie an – geben ihnen etwa Nachhilfe in Buchführung. So wollen sie verhindern, dass die Jungbauern schnell wieder aufgeben müssen oder gar hinschmeißen.

In den nächsten Jahren werden viele Landwirte in Rente gehen

Bislang hat Bioboden bereits für 15 Landwirte Ackerflächen erworben – vor allem in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Aber auch im Rest von Deutschland könnte das Modell in den nächsten Jahren Schule machen, wenn immer mehr Bauern in Rente gehen. Schon heute ist mehr als ein Drittel der deutschen Landwirte über 55 Jahre alt. Und bei vielen ist laut dem letzten Agrarbericht der Bundesregierung bereits absehbar, dass keiner aus ihrer Familie den Hof einmal übernehmen wird.

Dabei muss es nicht gleich ein ganzer Betrieb sein, den die Genossenschaft für die Landwirte kauft. Oft sind es auch nur einzelne Flächen, die sie erwerben – wie auch im Fall von Fritz und von Schmeling. Die beiden Jungbauern wollten sich bewusst von vornherein breiter aufstellen. Sich nur auf die Büffel zu konzentrieren, ist ein Risiko. Zumal sie das erste Büffelfleisch frühestens im kommenden Jahr verkaufen können. Als bei Ebay zwei passende Stücke Land in der Nähe von Werder angeboten wurden, kaufte die Bioboden Genossenschaft die Grundstücke für sie und verpachtete sie an die beiden. Auf der einen Fläche leben nun Hühner. Fritz und von Schmeling haben alte Bauwagen zu mobilen Hühnerstellen umgebaut, die sie regelmäßig ein Stück weiter ziehen. In den Wagen übernachten die Hühner und legen ihre Eier. Die restliche Zeit verbringen sie draußen, picken im Gras oder baden im Sand. Zusätzlich haben die beiden auch noch eine Kirschplantage erworben und bauen auf einem Feld gerade ihre ersten Kürbisse an.

Die Genossenschaft finanziert sich über Mitgliederanteile

Als Verpächter hat die Bioboden-Genossenschaft ein Interesse daran, dass Menschen wie Fritz und von Schmeling der Start ins Leben als Landwirt gelingt. Doch auch wenn die Genossenschaft sich wirtschaftlich tragen muss, der Gewinn ist erstmal zweitrangig, sagt Greff. „Wir haben in erster Linie einen gesellschaftlichen, ideellen Auftrag.“

Gegründet worden ist Bioboden 2009 von der alternativen GLS Bank, inzwischen finanziert sie sich vor allem über Mitgliederanteile. 12 Millionen Euro haben Menschen aus ganz Deutschland der Genossenschaft bereits zur Verfügung gestellt. Und das obwohl die Gesellschaft keine Dividende verspricht und man sich auch nur schwer wieder von den Anteilen trennen kann – die Kündigungsfrist beträgt fünf Jahre. Gelockt werden die Anleger stattdessen von etwas anderem. „Die Menschen bekommen bei uns einen sozialen und ökologischen Ertrag“, sagt Greff. Er verkauft Anlegern das gute Gefühl, etwas für den Erhalt der Landwirtschaft zu tun – und den Spekulanten so ein Schnippchen zu schlagen.

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