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Wirtschaft: Die neue Leichtigkeit

BMW stockt bei SGL Carbon auf / VW unter Druck

Berlin - BMW baut seinen Einfluss auf den gefragten Carbonhersteller SGL Carbon aus und bringt Volkswagen damit in Zugzwang, seinen SGL-Anteil ebenfalls zu erhöhen. Der bayerische Autokonzern sicherte sich 15,16 Prozent der Anteile. Zusammen mit BMW-Großaktionärin Susanne Klatten, die 28,3 Prozent der SGL- Aktien hält, liegen damit jetzt knapp 44 Prozent im Einflussbereich von BMW. Volkswagen hatte sich Ende Februar einen Anteil von gut acht Prozent an dem Wiesbadener Unternehmen gesichert; inzwischen liegt er bei knapp zehn Prozent. Der Aktienkurs von SGL Carbon profitiert vom Zulauf der Investoren – er stieg am Freitag zeitweise um mehr als sieben Prozent und lag zuletzt bei 44 Euro.

Hintergrund des massiven Engagements der Autohersteller bei SGL ist das Interesse an einem industriellen Partner für die Produktion leichter Karosserien und Bauteile. Viele Autos haben ein Gewichtsproblem, weil immer neue Assistenz-, Sicherheits- und Entertainmentsysteme eingebaut werden. Das führt zu einem Spritverbrauch, der höher ist, als moderne, effiziente Motoren eigentlich erlauben würden. BMW und VW treiben deshalb – wie alle großen Autohersteller – die Entwicklung leichter Teile aus Carbon voran. Mercedes-Benz hat sich die Zusammenarbeit mit dem japanischen Carbon-Weltmarktführer Toray gesichert und in Esslingen ein Joint-Venture-Unternehmen gegründet. Vor allem Elektroautos sind auf die sehr festen kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffe angewiesen, weil sie eine schwere Batterie mit begrenzter Kapazität an Bord haben. Je leichter künftige E-Autos sind, desto weiter fahren sie. Wie bei der Batterie stellt sich aber auch beim Carbon ein zentrales Problem: Es ist noch sehr teuer.

„Das Thema Leichtbau spielt in der Automobilindustrie zukünftig eine immer größere Rolle. Die Beteiligung an der SGL Group ist ein konsequenter Schritt, um die bisherige erfolgreiche Zusammenarbeit zu untermauern“, sagte BMW-Finanzvorstand Friedrich Eichiner am Freitag. BMW und SGL betreiben bereits ein Gemeinschaftsunternehmen, das vor einigen Monaten in Moses Lake (USA) ein Carbonfaserwerk errichtet hat. Für 2013 hat BMW sein Elektromobil i3 angekündigt, dessen Karosse komplett aus dem neuen Werkstoff bestehen und auf einem Chassis aus Aluminium ruhen soll.

Eine Übernahme von SGL strebt BMW nach eigener Auskunft zwar nicht an. Analysten erwarten jedoch, dass sowohl BMW als auch VW ihre Anteile weiter aufstocken werden. „Ich glaube, dass BMW und Klatten zusammen mehr als 50 Prozent von SGL wollen“, sagte Frank Schwope von der Nord LB. VW werde seinerseits wohl zusammen mit dem Zulieferer Voith mehr als 25 Prozent der SGL-Anteile erwerben, um den Einfluss von BMW nicht über 75 Prozent wachsen zu lassen. Die VW-Tochter Audi hat mit Voith eine Zusammenarbeit in der Kohlefasertechnik vereinbart. Die Unternehmen äußerten sich nicht zu ihren Plänen. Ein VW-Sprecher nannte das Investment des Wolfsburger Konzerns lediglich eine „Finanzbeteiligung“. Henrik Mortsiefer

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