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Wirtschaft: Die neue Maginot-Linie

Durch Westeuropa geht eine Welle des populistischen Nationalismus. Seit einigen Wochen herrscht große Angst vor einer Invasion aus dem Ausland.

Durch Westeuropa geht eine Welle des populistischen Nationalismus. Seit einigen Wochen herrscht große Angst vor einer Invasion aus dem Ausland. Die EU Länder reagieren darauf mit einer Abschirmung ihrer Märkte. So greifen die Regierungen strauchelnden Unternehmen unter die Arme, drohen in unverhüllter Weise den neuen EU-Ländern und erwägen die Schaffung „europäischer Champions“.

Ein Beispiel für den grassierenden Nationalismus in der EU ist Italien. Die Regierung will mit einem Überbrückungskredit die angeschlagene Fluglinie Alitalia „retten“. Frankreich kämpft mit staatlicher Beihilfe um das Überleben des Industriekonzerns Alstom. Gleichzeitig verhandeln Frankreich und Deutschland offen über eine neue Industriepolitik. Die Länder wollen ihre kleineren Unternehmen zu globalen Spitzenunternehmen zusammenschließen. Bisher ist dieses Gerede vor allem heiße Luft – nicht zuletzt, weil Frankreich kein Interesse an europäischen Champions hat, solange sie nicht seiner Führung unterliegen.

Deutschland verlangt seinerseits, dass die neuen EU-Länder ihre Steuern erhöhen. Die Regierung hält das offenbar für eine angemessene Reaktion auf den verschärften Wettbewerb durch die EU-Erweiterung. Kurz: Das „alte Europa“ errichtet eine wirtschaftliche Maginot-Linie gegen die Invasion aus dem Osten.

Doch Deutsche, Franzosen und andere Westeuropäer täten gut daran, sich an das Schicksal des französischen Verteidigungswalls am Rhein zu erinnern. Die Maginot-Linie sollte Frankreich im Zweiten Weltkrieg vor den Deutschen schützen. Das Bollwerk hielt zwar – doch die Deutschen marschierten außen herum. Vergleichbar mag Frankreich zwar der Ansicht sein, dass sein wirtschaftlicher Verteidigungswall eine Zeit lang funktionieren dürfte. Trotzdem dürfte sich diese Strategie als ineffizient erweisen, wenn es Frankreichs eigentliches Ziel ist, Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum zu steigern.

Das Gleiche gilt auch für Deutschland: Selbst wenn sich das Land mit seiner Forderung durchsetzt, dass die mitteleuropäischen EU-Länder ihre Steuern erhöhen müssen, wäre ihm wenig geholfen. Deutschland würde wahrscheinlich feststellen, dass die Abwanderung von Unternehmen in den Osten noch andere Gründe als niedrige Unternehmenssteuern hat.

Es ist klar, dass die EU-Staaten versuchen werden, ihre industriellen Champions mit Sonderbehandlungen, Subventionen und Zöllen gegenüber ausländischen Konkurrenten zu begünstigen. Umso wichtiger ist es, dass die EU-Kommission die nationalen Regierungen in Schach hält. Doch leider scheint das in letzter Zeit nicht der Fall zu sein.

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