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Wirtschaft: Die neue Offenheit von Wim Duisenberg - EZB wird transparenter

Es ist fast schon ein Ritus, der sich bei den Pressekonferenzen der Europäischen Zentralbank (EZB) jeweils am ersten Donnerstag im Monat eingespielt hat. Umringt von Bodyguards betreten Präsident Wim Duisenberg und sein Vize Christian Noyer den Saal.

Es ist fast schon ein Ritus, der sich bei den Pressekonferenzen der Europäischen Zentralbank (EZB) jeweils am ersten Donnerstag im Monat eingespielt hat. Umringt von Bodyguards betreten Präsident Wim Duisenberg und sein Vize Christian Noyer den Saal. Zunächst gibt Duisenberg eine Einschätzung der aktuellen geldpolitischen und wirtschaftlichen Lage aus Sicht der EZB, erläutert gegebenenfalls Beschlüsse. Dann spricht Noyer meist zu eher technischen Fragen der Geldversorgung für den Euro-Raum. Es folgen Fragen und Antworten. Die Journalisten aus allen Euro-Staaten, aber auch aus Großbritannien wollen wissen, wie es um mögliche Zinsentscheidungen steht.

Der weißhaarige Niederländer hört sich das gelassen an. Mitunter huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Dann antwortet er kurz. Oft direkt, aber oft eben auch, wie es sich für einen erfahrenden Notenbanker gehört, auf Umwegen, über Verästelungen, mit Worten, die mehr oder weniger Platz für Veränderungen lassen. Und lächelt. Wer nachfragt, bekommt die Antwort noch einmal vorgesetzt. Und doch verrät Duisenberg heute mehr über die Sitzungen mit seinen Kollegen als in den ersten sechs Monaten dieses Jahres oder als es Ex-Bundesbank-Präsident Hans Tietmeyer je während seiner Amtszeit getan hat. Duisenberg lehnt sich mitunter weit aus dem Fenster. Seit Juli hat er mit seinen Äußerungen über eine verstärkte Neigung der Zentralbanker hin zu einer restriktiveren Geldpolitik den Boden für die Zinserhöhung bereitet.

Die Offenheit hat der EZB nicht geschadet. Zwar publiziert sie keine Sitzungsprotokolle, aber ihr 64-jähriger Präsident verrät schon, ob die Diskussion kontrovers war, ob ein Beschluss nach einer Abstimmung zustande gekommen ist oder ob er sich aufgrund der Harmonie unter den Zentralbankern quasi selbst ergeben hat. "Duisenbergs größte Herausforderung besteht darin, den Konvoi durch das Minenfeld nationaler Empfindlichkeiten zu lotsen", hat Matt Marshall in seinem Buch über die EZB geschrieben. Dies ist dem Niederländer bislang hervorragend gelungen.

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