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Wirtschaft: Die Opec verwirrt die Märkte

Das Kartell steigert seine Ölförderung langsamer als versprochen. Als Reaktion steigen die Preise – und fallen dann doch

Berlin - Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hat sich darauf geeinigt, ihr Förderlimit deutlich heraufzusetzen – aber langsamer als zuletzt gedacht. Das teilte das Kartell am Donnerstag nach einem Gipfeltreffen in Beirut mit. Ab Juli können die Opec-Mitglieder, die für ein Drittel der weltweiten Ölförderung stehen, ihre Produktion um zwei Millionen Barrel (à 159 Liter) auf 25,5 Millionen auszudehnen. Im August sollen weitere 0,5 Millionen Barrel zusätzlich auf den Markt gebracht werden.

Die Ölmärkte reagierten zunächst negativ. Die Preise stiegen. Gegen Abend drehte sich die Stimmung. In Europa fiel die Notierung für die Nordseesorte Brent um fast einen Dollar auf 36,30 Dollar.

Bis zum Spätsommer dürften die Notierungen noch deutlicher nachgeben. „Zwei Millionen Barrel sind schon ein wenig enttäuschend“, sagte Michael Taylor, Chefvolkswirt der US-Investmentbank Merrill Lynch in Europa, dem Tagesspiegel. Trotzdem werde die Opec-Entscheidung helfen, die Preise zu drücken. „Wir rechnen damit, dass ein Barrel in New York im August oder September 30 Dollar kostet, die europäische Sorte Brent etwas darunter“, sagte Taylor. Allerdings nur wenn so große Anschläge wie die vom vergangenen Wochenende in Saudi-Arabien ausblieben.

Vor dem Beiruter Treffen hatte Saudi-Arabien darauf gedrungen, die Förderung der Opec in einem Schritt um 2,5 Millionen Barrel auszuweiten. Auch von der Europäischen Union und den USA war im Vorfeld Druck auf die Opec ausgeübt worden, deutlich mehr Öl auf den Markt zu bringen. Dagegen wehrte sich in Beirut aber vor allem der Iran. Dessen Vertreter befürchteten, dass der Ölpreis zu schnell einbrechen könnte, und plädierten für eine schrittweise Produktionssteigerung.

Außerdem ist unklar, wie viel zusätzliches Öl tatsächlich durch die Erhöhung der offiziellen Quote auf die Märkte gelangt. Denn zurzeit produzieren die meisten Opec-Mitglieder ohnehin mehr, als sie nach dem Quotensystem dürfen.

Gravierende negative Folgen sind durch die anhaltend hohen Ölpreise jedoch vorerst nicht zu erwarten. Die Meinung vertritt jedenfalls die Europäische Zentralbank. EZB-Chef Jean-Claude Trichet sagte am Donnerstag in Frankfurt (Main), trotz der Preisexplosion werde sich die Wirtschaft im Euroraum weiter erholen. Dies bestätigten auch die jüngsten Konjunkturdaten. Allerdings berge der Ölpreis auf längere Sicht auch Risiken für die Konjunktur, sagte Trichet.

Durch die hohen Energiepreise wurde auch die Inflation im Euroraum über die von der EZB als Obergrenze angestrebten zwei Prozent getrieben. Trotzdem ließ die Bank den Leitzins unverändert bei zwei Prozent, denn die EZB rechnet damit, dass sich die Inflation mittelfristig verringern und im kommenden Jahr wieder unter zwei Prozent liegen werde. Neben dem teuren Öl sorgt zusätzlich für hohe Benzinpreise auch die hohe Nachfrage aus den USA, die wie schon das gesamte Frühjahr große Mengen Benzin in Europa kauft. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) forderte deshalb die USA auf, zusätzliche Raffinerien zu bauen.

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