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Wirtschaft: Die Rebellion des kleinen Mannes

Wegen zu hoher Steuern und Abgaben wird jeder sechste Euro am Fiskus vorbei erwirtschaftet – das vernichtet tausende Arbeitsplätze

Berlin - Ordentliche Revolten und Aufstände gegen den Staat finden auf großen Plätzen statt, mit bunten Plakaten und lauten Parolen. Anders bei der Schwarzarbeit. Sie gilt als die Rebellion des kleinen Mannes, sagen Fachleute. Damit protestieren die Bürger gegen hohe Steuern und steigende Abgaben. Diese Art von Aufstand findet im Verborgenen statt, wo der Staat keinen Einfluss hat. Nur die Finanzminister und die Chefs der Arbeitsagenturen bekommen die Folgen dieses Aufstandes zu spüren – die Steuereinnahmen brechen weg, die Arbeitslosigkeit steigt. Besonders betroffen ist der Bau. „Ohne Schwarzarbeit gäbe es allein in der Berliner Bauwirtschaft rund 180000 Stellen mehr, das würde Milliardeneinnahmen für den Staat und die klammen Sozialkassen bedeuten“, sagte Klaus Wiesehügel. Der Vorsitzende der Gewerkschaft IG Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU), machte am Mittwochabend beim „Treffpunkt Tagesspiegel“ deutlich, welchen Schaden die Schattenwirtschaft anrichtet – für den Staat, aber auch für die Beschäftigungslosen.

Doch diese Rechnung hat mit der Realität wenig zu tun, da war sich das Podium im Berliner Hotel Intercontinental einig. Denn Steuern und Abgaben müssten radikal sinken, damit sie aufgeht. Darum sei die Bundesregierung zwar bemüht, sagte Gerd Ehlers, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. „Ein gewisses Niveau können wir aber einfach nicht unterschreiten, sonst kann der Fiskus seine Aufgaben nicht mehr erfüllen.“

Das wirksamste Mittel, meint Ehlers, seien Anreize, die bislang schwarz beschäftigte Kellner oder Taxifahrer dazu bringen, in Zukunft legal zu arbeiten. Dazu gehörten die neuen Mini-Jobs – sie führten dazu, dass Prognosen zufolge in diesem Jahr der Umfang der Schwarzarbeit erstmals seit langer Zeit bundesweit zurückgehe. Daneben, befand Ehlers, fahnde der Staat verstärkt nach Schwarzarbeitern. „Das wird in diesem Jahr 2,5 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen für Bund und Länder bringen“, prognostizierte er.

Kaspar-Dietrich Freymuth, dem Präsidenten der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, reichte das nicht. „Wer dem Problem beikommen will, muss ein Register für Firmen einführen, die wiederholt der Schwarzarbeit überführt wurden – ähnlich der Verkehrssünderkartei in Flensburg“, schlug er vor. Unternehmen, die wiederholt auffielen, sollten ihren Gewerbeschein abgeben müssen und „drakonische Strafen“ zahlen, forderte der Verbandspräsident.

Noch mehr Verwaltung und Bürokratie also in diesem Lande? Das kann nicht die Lösung sein, sagte Gerd Appenzeller, Redaktionsdirektor des Tagesspiegels. „Dann müsste der Staat Bürger und Firmen massiv bespitzeln.“ Das würde die Falschen treffen, stimmte Finanz-Staatssekretär Ehlers zu. Denn den größten Schaden für den Staat würden ohnehin nicht die in Privathaushalten illegal arbeitenden Putzfrauen anrichten. Sondern die gewerbsmäßig organisierte Schwarzarbeit im großen Stil auf dem Bau oder in der Gastronomie. Und bei der machen Unternehmen genauso mit wie Arbeitnehmer.

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