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Wirtschaft: Die Reform der 630-Mark-Jobs ging nach hinten los - wenig neue Vollzeitjobs, unbesetzte Stellen und Schwarzarbeit

Kaum ein Gesetz hat die Gemüter so bewegt wie die "630-Mark-Novelle". Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse trat nach langem Hin und Her am 1.

Kaum ein Gesetz hat die Gemüter so bewegt wie die "630-Mark-Novelle". Die Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse trat nach langem Hin und Her am 1. April in Kraft. Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) wollte endlich verhindern, dass immer mehr Unternehmen normale Arbeitsverhältnisse in abgabenfreie Billig-Jobs umwandeln. Geringfügig Beschäftigte sollten zwar sozialversicherungsfrei bleiben, ihre Arbeitgeber aber fortan pauschale Beträge von zehn Prozent zur Krankenversicherung und zwölf Prozent zur Rentenversicherung bezahlen. Im Gegenzug sollten sie von der pauschalen Steuer von 20 Prozent befreit werden. Doch nicht die geringe Mehrbelastung der Arbeitgeber hat für Aufregung gesorgt: Ein Sturm der Entrüstung brach bei denen aus, die neben ihrem Haupt- einen Nebenjob hatten. Sie hatten erheblich weniger in der Kasse. Seit April mussten sie die Einnahmen aus beiden Tätigkeiten in einen Topf werfen und für alles Steuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Von den 630 Mark blieben oft nur knapp 400 Mark. Wofür sollte man da noch putzen, kellnern oder hinter der Kasse sitzen? Die Flut der Kündigungen blieb nicht aus. Die frei werdenden Jobs konnten allerdings oft nicht mit Studenten oder Hausfrauen besetzt werden, weil die sich durch das neue Gesetz finanziell schlechter stellen.

Was bleibt, sind viele unbesetzte Stellen, nur wenig neue Vollzeitarbeitsplätze und wohl jede Menge Schwarzarbeit. Kein Wunder, dass vor allem die Verbände der Gastronomie, des Einzelhandels und der Zeitungsverleger den Antrag der Unionsfraktion unterstützen, das Gesetz zurückzunehmen. Dazu kommen noch andere Ungereimtheiten wie etwa die, dass ein Rentner für seinen 630-Mark-Job Steuern zahlen muss, die Gattin eines gut verdienenden Managers, die selbst aber keine weiteren Einkünfte hat, die 630 Mark abgabenfrei einstreichen darf. Bei aller Kritik macht die Regierung jedoch bislang keine Anstalten, das umstrittene Projekt zu ändern.

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